Biomechanik: Kleinkinder verschwenden keine Energie
Die Gehversuche von Kleinkindern sind niedlich und wecken oft reflexartig Beschützerinstinkte. Besonders bei schneller Gangart wirken ihre Schritte meist unbeholfen. Bisher hielten viele Wissenschaftler die ungelenken Bewegungen für eine unausgereifte und unökonomische Version erwachsener Bewegungsmuster. Doch was wie Unreife aussieht, sei in Wahrheit kurzen Gliedmaßen und noch nicht voll entwickelten Muskeln geschuldet. Der eigenwillige Laufstil helfe Kleinkindern Energie zu sparen.
Zu diesem Ergebnis kommt eine Forschergruppe um James Sherwood vom Royal Veterinary College in London. Sie schickten dazu 18 Kinder im Alter von 13 Monaten bis 5 Jahren auf ein Laufband und analysierten ihre Bewegungen anhand von auf die Gliedmaßen und Gelenke aufgeklebten reflektierenden Punkten. Aufgezeichnet wurde deren Bewegung von einem speziellen Kamerasystem. Mit Hilfe von Drucksensoren auf der Lauffläche registrierten die Forscher zusätzlich, wie viel Kraft beim Abstoßen vom Boden verloren ging.
Es sei für Kleinkinder günstiger, die Beine länger am Boden zu halten und sich mit nur mäßiger Kraft abzustoßen. Für die bei Erwachsenen ökonomischere Gangart – lange Schritte mit möglichst wenig Bodenkontakt – müssten Kleinkinder beim Abstoßen in kurzer Zeit enorme Kraft entwickeln. Grund dafür seien ihre im Vergleich zu Erwachsenen kurzen Schenkelknochen. Das koste sie, nicht zuletzt wegen ihrer noch wenig effizient arbeitenden Muskulatur, aber vergleichsweise viel Energie. Deswegen stoßen sich Kleinkinder nur wenig vom Boden ab und dehnen die Beinstreckungsphase während des Schrittes aus.
Das führt bei den Kindern zu einem relativ aufrechten, frühen Auftreten und einem verlängerten, schräg stehenden Bein am Ende des Schrittes. Mit Unbeholfenheit habe das nichts zu tun, sagt James Sherwood. Stattdessen zeige sich darin eine ideale Balance aus Schrittlänge und Muskelaktivierung. Ein ähnliches Bewegungsmuster könne man auch bei kleinen Vögeln beobachten.
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