Sternbedeckung: So verlief die Begegnung von Kleinplanet Leona und Beteigeuze
Es ist geschehen. Wie angekündigt kam der Kleinplanet (319) Leona dem Riesenstern Beteigeuze im Sternbild Orion am 11. und 12. Dezember 2023 sehr nah – wenn auch nur scheinbar, denn der oval geformte Kleinplanet mit nicht einmal 80 Kilometern Durchmesser fliegt durchs Sonnensystem, während Beteigeuze sich rund 650 Lichtjahre von der Erde entfernt befindet. Die Begegnung war allerdings besonders, weil Beteigeuze auf der Liste der hellsten Sterne auf Platz 9 steht. Viele interessierte Beobachter hofften, der Riese würde kurzzeitig verschwinden, während der Winzling an ihm vorbeizieht.
Schon im Vorfeld war klar, dass das Ereignis nicht von jedem Standort aus zu verfolgen sein würde. Im Internet kursierten bereits frühzeitig Grafiken, die den Bedeckungspfad zeigten. Dieser verlief in einem schmalen Streifen über die Erdoberfläche. Nur dort hatte man überhaupt die Chance, die Bedeckung bei klarem Himmel zu sehen.
Leider waren an den meisten Orten die Voraussetzungen für die Nacht vom 11. auf den 12. Dezember eher mau. So hatten sich viele Beobachter der International Occultation Timing Association / European Section (IOTA/ES) nicht nur senkrecht zum Pfad, sondern auch entlang der Pfadrichtung gut verteilt. In der Türkei, in Griechenland, Italien, Spanien und Portugal hatten Beobachter aus vielen Ländern Europas Position bezogen, um mit ihren Messungen mehr über den Riesenstern und den Asteroiden zu erfahren. Der größte Teil der Beobachter konnte die einmalige Sternbedeckung verfolgen. Pech hatten vor allem die Beobachter im Süden des US-Bundesstaats Florida. Dort verhinderten Wolken den Blick auf Beteigeuze.
Zwei Beobachtungen mit Erfolg
In einer Distanz von 21 Kilometern nördlich der Zentrallinie in Portugal hatten Anne und Tim Haymes aus England sehr viel Glück, als sie die Sternbedeckung mit einem Fotoobjektiv mit 135 Millimeter Brennweite und einer digitalen Kamera mit GPS-Zeitnahme gerade in einer Wolkenlücke verfolgen konnten (siehe »Helligkeitsverlauf von Portugal aus«). Tim Haymes nahm die Bedeckung auch mit bloßem Auge wahr und berichtete: »Visuell wurde der helle rote Stern von Leona fast ausgelöscht, es blieb nur ein schwächerer roter Punkt. Wir hatten Glück, als in der teilweise dichten Wolkendecke eine Lücke auftauchte.«
Alfonso Noschese in Italien maß den Lichtabfall während der Bedeckung in drei verschiedenen optischen Wellenlängen an einem Dobson-Teleskop mit 50 Zentimetern Durchmesser (siehe »Lichtabfall mit Filter«). Er befand sich nahe der vorhergesagten Zentrallinie des Schattens und konnte dabei unter guten Beobachtungsbedingungen eine gleichmäßige Helligkeitsabnahme während der Bedeckung verfolgen.
Erwartung erfüllt
Gemäß einiger Berechnungen im Vorfeld wurde prognostiziert, dass (319) Leona den Riesenstern Beteigeuze nicht komplett bedecken würde. Erste Analysen der Lichtkurven bestätigen das. Es ist bisher keine Messung bekannt, bei der Beteigeuze vollständig verdeckt war. Die Auswertungen der Messungen an den Rändern des Schattenpfads werden nun allerdings zur Herausforderung, da die partiellen Bedeckungen dort einen geringeren Helligkeitsabfall aufweisen als nahe der Zentrallinie. Dave Herald (IOTA) hält nach einem Vergleich mit simulierten Lichtkurven einen scheinbaren Durchmesser Beteigeuzes von zirka 59 Millibogensekunden am Himmel für möglich; angenommen waren zuvor bis zu 55 Millibogensekunden im visuellen Bereich. Eine Millibogensekunde entspricht einem Winkel von (1/3 600 000) Grad. Der Riesenstern Beteigeuze steht uns so nah und ist so groß, dass er mit Großteleskopen sogar als Scheibe aufgelöst werden kann. Trotzdem ist seine scheinbare Größe am Himmel nur ungenau bekannt.
Hingegen wurde die Größe des Asteroiden recht gut vermessen, doch wollen die Auswerter auch das elliptische Schattenprofil des Kleinplaneten und die Ausrichtung seiner Achsen zum Zeitpunkt der Bedeckung feststellen. Nur mit einer möglichst genauen »Messschablone Asteroid« lassen sich die Ausmaße des Roten Riesen im Sternbild Orion genauer bestimmen. Das Resultat ist sehr wichtig für die Forschung, und es ist zu erwarten, dass dazu auch bald wissenschaftliche Publikationen erscheinen werden.
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