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Erderwärmung: Klimaeinfluss von Wäldern regional stark unterschiedlich

Fischgrätenmuster der Entwaldung im Amazonasbecken
Ob Waldvegetation und Aufforstung einen positiven oder negativen Effekt auf die zukünftige Entwicklung der globalen Temperaturen haben, hängt vom Breitengrad ab, an dem sie wachsen: Tropische Regenwälder wirken demnach eher abkühlend, während die sich gegenwärtig ausbreitenden borealen Nadelwälder die Erde zusätzlich aufheizen.

Diese Einflüsse gelte es beim Schutz der entsprechenden Ökosysteme und der Wiederaufforstung abgeholzter Bestände zu beachten, mahnen deshalb Wissenschaftler um Govindasamy Bala vom Lawrence Livermore National Laboratory in Kalifornien zu beachten [1,2]. Die Forscher hatten dazu erstmals die klimatischen Einflüsse von Abholzung und Wiederbewaldung sowie deren Auswirkungen auf den Kohlenstoffkreislauf kombiniert und in großem Maßstab betrachtet. Im Fokus standen vor allem die Wälder der Tropen, der gemäßigten Breiten sowie der Taigaregionen Kanadas und Sibiriens: Die üppige Vegetation rund um den Äquator mildert den Simulationen zufolge die wegen der menschlichen Kohlendioxidemissionen zu erwartende Erderwärmung ab, da hier zum einen Kohlenstoff netto gespeichert und damit der Atmosphäre entzogen wird. Zudem verdunsten die Pflanzen sehr viel Wasser und erzeugen damit Wolken, die ebenfalls abkühlend wirken.

Die relativ dunklen borealen Nadelwälder hingegen senken durch ihre Ausbreitung in die eher hellen baumlosen Tundren und in Steppen die Albedo der betroffenen Regionen, weswegen dort weniger Sonnenstrahlung ins All reflektiert wird. Stattdessen wandeln sie diese verstärkt in Wärme um, die in ihrer Summe den Entzug von Kohlendioxid aus der Atmosphäre mehr als aufwiegt und bis zum Jahr 2100 manche Gebiete in den nördlichen Breiten um zusätzliche 5,6 Kelvin aufheizen könnte. Wälder aus den gemäßigten Breiten besitzen eine ausgeglichene Bilanz. Auf neuangepflanzte Wälder als alleinige Maßnahme gegen den Klimawandel zu setzen, sei deshalb die falsche Strategie und könne – in den falschen Regionen praktiziert – womöglich gegenteilige Folgen auslösen, warnen deshalb Bala und seine Kollegen.

Überraschende Auswirkungen von Rodungen im brasilianischen Regenwald entdeckte auch Somnath Baidya Roy bei Untersuchungen im Bundesstaat Rondonia [3]. Dort entwickelte sich in den letzten Jahren ein typisches Muster an Kahlschlägen, das dem Aufbau eines Straßennetzes aus einem Haupt- und zahlreichen senkrecht davon abgehenden Nebenwegen folgt und wegen seines typischen Entwaldungscharakters als Fischgrätenmuster bezeichnet wird. Dadurch liegen Restwaldareale und Freiflächen mit ihrem deutlich unterschiedlichen Kleinklima eng nebeneinander, was in der Konsequenz zu einer Umverteilung der Niederschläge führt.

Wegen der stärkeren Aufheizung der neuen Lichtungen, strömt kühlere Luft aus dem benachbarten dunkleren Wald nach und wird dort zum Aufstieg gezwungen, wodurch sich wiederum Gewitterwolken eher auftürmen. In der Folge regnet es häufiger und stärker über dem baumlosen Areal – rund 15 Millimeter kann dieses Plus betragen, wie der Klimatologen im feinskaligen Computermodell berechnete und was auch verschiedene Studien der letzten Zeit zumindest andeuteten. Immerhin beschleunigt dieser zusätzlicher Niederschlag auch wieder die Regeneration der Vegetation, so Roy. (dl)

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