Paläoklima: Klimaforscher bohren nach dem ältesten Eis der Welt
Nach dem bis dato ältesten Eisbohrkern der Welt – und damit dem tiefsten Einblick in die Klimageschichte der Erde – wollen Wissenschaftler ab dem Antarktisfrühjahr 2020 in der Nähe des Südpols bohren. Diesen Zeitplan und ihr Projekt haben Klimaforscher gerade auf der Generalversammlung der European Geosciences Union umrissen: Sie hoffen, in fünf Jahren einen bis zu drei Kilometer langen Bohrkern aus dem uralten Eis tief unter einem sorgfältig ausgewählten Standort ans Licht zu holen. Dort vermuten sie nach Radaranalysen und anderen geologischen Voruntersuchungen Eis, das 1,5 Millionen Jahre alt sein könnte – und das trotz des auf ihm lastenden Drucks von oben nie geschmolzen ist. Gasblasen in solchen Bohrkernen erlauben die Analyse der Atmosphärenzusammensetzung aus der damaligen Zeit. Mit diesem Einblick ins Klima ließen sich dann zum Beispiel mit anderen Methoden gewonnene Erkenntnisse absichern.
Das bisher älteste zu paläoklimatischen Untersuchungszwecken herangezogene Eis war zwischen 1996 und 2004 nahe der »Dome C«-Region auf Antarktika geborgen worden und bot einen Überblick über das Erdklima bis in eine Zeit vor 800 000 Jahren. Gerade in noch früherer Zeit ist die Erdklimageschichte aber spannend: In den bisherigen, jüngeren Bohrkerndaten zeigen sich Zyklen der globalen Durchschnittstemperatur und der Treibhausgaskonzentrationen alle rund 100 000 Jahre, die wahrscheinlich mit Veränderungen der Bahnexzentrizität der Erde beim Lauf um die Sonne zusammenhängen. Davor scheint der Zyklus nach anderen Datenreihen aber deutlich kürzer gewesen zu sein – was sich mit den nun erhofften älteren Eisproben überprüfen lassen sollte. Die Ergebnisse könnten dann in Klimamodelle eingespeist werden und diese weiter verbessern.
Der »Little Dome C« getaufte Ort der neuen Bohrung liegt auf einem Höhenzug rund 40 Kilometer südwestlich der franko-italienischen »Dome-Concordia«-Station. Nach derzeitiger Planung soll ein Konsortium von 14 europäischen Forschungsinstitutionen aus zehn Ländern den drei Kilometer langen Bohrkern in fünf Jahren ans Licht gebracht haben. Eingeplant sind dafür 30 Millionen Euro aus dem EU-Rahmenprogramm für Wissenschaft und Forschung.
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