Klimawandel: Teile der Antarktis ergrünen immer schneller
Nur zwei Arten an Gefäßpflanzen leben bislang in der Antarktis: die Antarktische Schmiele (Deschampsia antarctica) und die Antarktische Perlwurz (Colobanthus quitensis) aus der Familie der Nelkengewächse. Beide profitierten in den letzten Jahren von der Erderwärmung – und das in zunehmendem Maß, wie eine Studie von Nicoletta Cannone von der Università degli Studi dell'Insubria in Como und ihrem Team in »Current Biology« belegt: Die Arbeitsgruppe konnte damit erstmals nachweisen, dass auch in der Antarktis verstärktes Pflanzenwachstum stattfindet.
Cannone und Co überwachten dazu das Pflanzenwachstum an verschiedenen Standorten auf der antarktischen Insel Signy zwischen 2009 und 2019 und verglichen diese Daten mit vorherigen Aufnahmen aus der Zeit zwischen 1960 und 2009. Der Zuwachs der beiden Gefäßpflanzen beschleunigte sich dabei ab 2009 deutlich, obwohl das Jahr 2012 deutlich kühler ausfiel als die Zeit davor. Die Schmiele verbreitete sich in der Zehn-Jahres-Periode so stark wie in den fünf Jahrzehnten zuvor, die Perlwurz sogar fünfmal so stark.
Dabei hatten sich die Bestände nicht nur ausgebreitet, sondern auch verdichtet. Zudem wuchsen die Pflanzen jedes Jahr schneller, in dem die Durchschnittstemperaturen höher wurden. Die Gewächse hatten sich demnach nicht nur in der Fläche ausgebreitet, sondern ebenso stetig an Wuchsleistung gewonnen. Die Veränderungen hatten sich also beschleunigt.
Ein Großteil der Veränderungen geht dabei auf den Klimawandel zurück. Die Region hat sich, verglichen mit dem Rest der Erde, überdurchschnittlich stark erwärmt; Teile der Antarktischen Halbinsel sind heute rund drei Grad Celsius wärmer als vor 60 Jahren. Daneben spielen noch zurückgehende Bestände an Seelöwen und Pelzrobben eine Rolle: Die Meeressäuger be- und verhinderten den Wuchs an ihren Liegeplätzen, was sich allerdings auf niedrige Regionen in Meeresnähe beschränkte.
Ähnliche Entwicklungen wie auf Signy erwarten Cannone und ihr Team für andere Regionen der Antarktischen Halbinsel, wo sich inzwischen beispielsweise Moose ausbreiten. Zumindest abschnittsweise dürfte das Gebiet grün werden, wo heute noch das Grau oder Schwarz der Felsen dominiert.
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