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Klimawandel: Antarktische Umwälzpumpe schwächelt bereits bedenklich

Im Antarktischen Ozean befindet sich einer der größten »Wasserfälle« der Erde: Er treibt weltweit Meeresströmungen an. Doch sein Volumen nimmt deutlich ab.
Sturm über dem Antarktischen Ozean
Der Antarktische Ozean ist von globaler Bedeutung für Meeresströmungen und das Klima. Neue Daten zeigen einen bedenklichen Trend.

Jede Sekunde stürzen gigantische Mengen Wasser in die Tiefe des Antarktischen Ozeans: Die Antarktische Umwälzzirkulation, bei der kaltes, sauerstoffreiches Wasser vom Schelf des Kontinents in die Tiefsee schießt, gilt als einer der großen Motoren der globalen Meeresströmungen. Doch er scheint bedrohlich zu stottern, wie ein Team um Kathryn Gunn von der University of Southampton in »Nature Climate Change« schreibt. Messungen haben demnach gezeigt, dass sich die Zirkulation in der Region bereits um ein Drittel verlangsamt hat.

Damit bestätigt die Studie eine frühere Arbeit aus dem März 2023, die eine um 40 Prozent schwächere Strömung bis Mitte des Jahrtausends modelliert hatte. Sollten sich die Daten bestätigten, würde sich der Rückgang also schon viel früher und vielleicht noch stärker bemerkbar machen, als bislang befürchtet wurde. Die Folgen davon könnten weltweit spürbar werden, da diese Umwälzzirkulation in globalem Maßstab Wärmeenergie, Kohlenstoff und Nährelemente umverteilt und die Tiefsee mit sauerstoffreichem Wasser versorgt.

Das Team um Gunn verfolgte einen neuen Ansatz, um die Modellstudie um echte Daten zu ergänzen. Dazu kombinierte es Messwerte, die von Schiffen sowie von stationären Bojen zwischen 1992 und 2017 erhoben wurden, in einer numerischen Simulation und errechnete daraus die Stärke der antarktischen Bodenwasserströmung und die Sauerstoffmenge, die der Wasserfall in die Tiefsee transportiert. Die Studie konzentrierte sich dabei auf ein Tiefseebecken südlich von Australien, das Tiefenwasser aus mehreren Quellen erhält, die wiederum stromabwärts von großen Schmelzwassereinträgen liegen. Die Region kann wahrscheinlich als Modellregion dienen, wie sich die Tiefsee klimabedingt verändert.

Und die Ergebnisse zeigen, dass dieser Prozess womöglich schon stattfindet: Seit 1992 hat sich die Umwälzzirkulation den Daten zufolge verlangsamt, wodurch auch weniger Sauerstoff in die Tiefe befördert wurde. Als Auslöser machten die Wissenschaftler die Eisschmelze in der Antarktis aus, die ebenfalls in den letzten Jahrzehnten zugenommen hat. Dadurch wird das Oberflächenwasser rund um den Kontinent salzärmer und weniger dicht, was sich auf die Absinkrate auswirkt: Je süßer das Wasser ist, desto »leichter« wird es. Folglich nimmt das Gesamtvolumen an neu gebildetem Tiefenwasser ab, das zudem langsamer strömt.

Die beobachtete Verlangsamung wäre sogar noch stärker ausgefallen, wenn nicht ein kurzzeitiges Klimaereignis in Zusammenhang mit einem starken El Niño während der Beobachtungsperiode zu einer teilweisen und vorübergehenden Erholung der Tiefenwasserbildung ab 2015 geführt hätte. Es sorgte für einen zeitweilig wieder erhöhten Salzgehalt im Antarktischen Ozean, was die Zirkulation erneut angekurbelt hat. Dies veranschauliche, wie empfindlich die Tiefenwasserbildung gegenüber geänderten Salzkonzentrationen auf dem Antarktischen Kontinentalschelf reagiere, schreiben Gunn und Co auf »The Conversation«. Mit Ende des El Niño 2018 ging auch der erhöhte Salzgehalt in den antarktischen Gewässern zurück, so dass die Trendumkehr nicht dauerhaft sein dürfte, so die Forscher. Stattdessen sollte sich mit verstärkter Eisschmelze die Abschwächung weiter fortsetzen.

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