Klimawandel: Der Golfstrom schwächelt, aber hält sich
Der Golfstrom gilt als die Heizung Großbritanniens, des Nordatlantiks und Westeuropas. Die rasch fließende Meeresströmung transportiert Wasser aus dem Golf von Mexiko nach Europa und prägt dort das Klima. Doch infolge der globalen Erwärmung wird der Strom schwächer. Auch weil immer mehr Schmelzwasser aus Grönland und starke Regenfälle das Salzwasser verdünnen, wie eine aktuelle Studie im Magazin Scientific Reports vermuten lässt.
Den Simulationen des Autorenteams ist es zwar unwahrscheinlich, dass die Strömung gänzlich verschwindet. Der Grund dafür sind laut den Forschern kleine, schnelle Veränderungen über dem Nordatlantik. Doch es sei zu erwarten, dass sich die Beschaffenheit des Stroms in den kommenden 100 Jahren zwischenzeitlich verändern wird.
»Die Ozeane speichern eine große Menge Energie«, sagt der Mathematiker Fred Wubs von der Universität Groningen in einer Pressemitteilung zur Veröffentlichung der Studie. Auch deshalb hätten die Strömungen in den Meeren einen großen Effekt auf das Erdklima. Der offizielle Name des Golfstroms lautet »Atlantic Meridional Overturning Circulation«, kurz AMOC. Der Nord-Süd-Kreislauf leitet warmes Wasser nach Norden, wo es abkühlt und dichter wird, sodass es absinkt und durch die Tiefsee wieder südwärts fließt. Wubs und sein Kollege Henk Dijkstra aus Utrecht studieren den Strom seit etwa 20 Jahren.
Ein Totalzusammenbruch scheint äußerst unwahrscheinlich
Die Berechnungen der Forscher decken sich mit den Ergebnissen anderer Untersuchungen. Allein 2018 waren zwei Studien in Nature erschienen, die Belege für eine bereits sichtbare Abschwächung des Golfstroms lieferten. Neu an der aktuellen Publikation ist vor allem das gewählte Berechnungsmodell. »Die Simulationen zeigen, dass die Wahrscheinlichkeit eines Totalzusammenbruchs des Golfstroms während der nächsten 1000 Jahre vernachlässigbar ist«, sagt Wubs. Es sei eher zu erwarten, dass zeitweilig weniger relativ warmes Wasser nach Nordwest-Europa transportiert werde. »Unsere Simulation zufolge liegt die Wahrscheinlichkeit dafür in den kommenden 100 Jahren bei 15 Prozent.
Die Folge könnten Kälteeinbrüche im Nordatlanktik sein. Weitere Untersuchungen seien jedoch notwendig, um diese Annahme zu bestätigen, betont das Forscherteam. Auch weil sie in ihrer Simulation nicht berücksichtigt haben, wie viel zusätzliches Schmelzwasser es künftig geben könnte, wollen sie die Ergebnisse mit Hilfe eines umfassenden Klimamodells prüfen.
Ob und falls ja mit welchen Folgen der Golfstrom zum Erliegen kommen könnte, beschäftigt Wissenschaftlerinnen und Forscher spätestens seit den 1980er Jahren. Damals warnte der Wallace Broecker in einem Aufsatz vor möglichen Veränderungen, nachdem sich gezeigt hatte, dass sich abrupte Klimaänderungen der Vergangenheit auf veränderte Atlantikströmungen zurückführen ließen.
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