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Klimawandel: Kollabierende Seen beschleunigen Grönlands Gletscher

Selbst mitten im Winter können die Gewässer ins Eis stürzen. Am Grund der Gletscher wirkt ihr Wasser dann als Gleitmittel.
Schmelzwassersee auf dem Eis
Durch den Klimawandel mehrt sich die Zahl der Schmelzwasserseen auf dem grönländischen Eis. Bricht ihr Wasser durch, wirkt es wie ein Gleitmittel: Die Gletscher rutschen schneller ins Meer.

Mitten im Winter 2018 geschah etwas Ungewöhnliches auf dem grönländischen Eisschild: Ein Schmelzwassersee, der im Westen der Insel seit 50 Jahren existierte, brach plötzlich nach unten aus, nachdem sich neue Risse im Eis gebildet hatten. Das Ereignis löste dann eine Kettenreaktion aus, an deren Ende 180 Millionen Tonnen Wasser unter dem Eis in Richtung Meer strömten. Das berichten Nathan Maier von der Université Grenoble Alpes und sein Team in den »Geophysical Research Letters«. Mehr als 5000 Quadratkilometer Gletscherfläche bewegten sich zudem schneller Richtung Küste.

Der See befand sich damals rund 160 Kilometer weit von der Küste entfernt in einer Höhe von 1600 Metern. Er war oberflächlich zugefroren, doch hatte ihn Schnee letztlich isoliert, so dass in seinem Inneren weiterhin flüssiges Wasser aufwies. Dieses bahnte sich dann seinen Weg durch den in diesem Bereich zwei Kilometer dicken Gletscher, als wahrscheinlich durch die Bewegung der Eiszunge neue Spalten aufrissen.

Am Grund des Gletschers wirkte das Wasser wie ein Gleitmittel und damit beschleunigend. Zusammen mit dem zusätzlichen Druck des Wassers übte dies mechanischen Stress auf das Eis aus, wodurch weitere Klüfte auftraten. Sie sorgten dafür, dass benachbarte Seen ebenfalls nach unten entwässerten. Die Kettenreaktion führte schließlich dazu, dass insgesamt 18 Seen verschwanden – trotz winterlicher Temperaturen.

»Die Schmelzwasserseen auf dem Inlandeis bilden sich im Sommer, wenn das Eis an der Oberfläche taut. Es ist bekannt, dass diese Seen im Sommer zusammenbrechen und abfließen können. Aber überraschenderweise geschieht dies auch im Winter. Wir können zum ersten Mal zeigen, dass diese spezifischen Seeabflüsse im Winter, wenn die Temperaturen eigentlich sehr niedrig sind, das Eis stark beschleunigen können«, sagt Maier. Ein Prozess, der sich auch in anderen Teilen Grönlands wiederholen könnte, vermutet der an der Studie beteiligte Jonas Kvist Andersen von der Technischen Universität Dänemarks in Lyngby: »Wir haben nur ein begrenztes Gebiet untersucht, aber wir nehmen an, dass ähnliche Ereignisse an vielen weiteren Stellen in Grönland stattfinden. Wenn dies auf größere Teile des Eisschilds zutrifft, könnte es sich um riesige Mengen Schmelzwasser handeln, die auf diese Weise verschwinden und das Eisschild schneller in Richtung Meer rutschen lassen.«

Ob die plötzliche Entleerung des Sees nach 50 Jahren mit dem Klimawandel zusammenhängt, können die Forscher noch nicht sagen. Tatsache ist aber, dass die Erderwärmung sich unter anderem auf Grönland besonders stark bemerkbar macht und immer größere Bereiche des Eisschilds erfasst. Die Schmelze erreicht zeitweise sogar die Höhenlagen des Plateaus in 3000 Meter über dem Meeresspiegel. Die auftretenden Schmelzwasserseen verstärken den Prozess dann weiter, da sie dunkler als das Eis sind und daher weniger Sonnenstrahlung reflektieren und Wärme speichern.

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