Massensterben: Vier Millionen Trottellummen sind weg
Die fast zwei Jahre andauernde marine Hitzewelle im nordöstlichen Pazifik zwischen 2014 und 2016 hat die Population der Trottellummen (Uria aalge) in Alaska dauerhaft mehr als halbiert. Das hat eine Langzeitstudie ergeben, die im Fachjournal »Science« erschienen ist. Bisher deutet nichts darauf hin, dass sich die ehemals rund acht Millionen Tiere umfassende Gesamtpopulation wieder erholt. Es handelt sich um das größte dokumentierte Massensterben von Wildtieren in der jüngeren Vergangenheit.
Ein Team um die Biologin Heather Renner wertete Daten aus, die im Golf von Alaska und in der östlichen Beringsee gewonnen worden waren. Dadurch ließ sich die Entwicklung von 13 Vogelkolonien in einem Zeitraum verfolgen, der sowohl die Jahre vor dem Hitzeereignis (2008–2014) als auch danach (2016–2022) umfasste. Die Forscher beobachteten einen Rückgang der Individuenzahlen um 52 bis 78 Prozent je nach Kolonie. Das entspricht einem hochgerechneten Verlust von vier Millionen Vögeln in ganz Alaska binnen nicht einmal zwei Jahren.
Dass die Tiere nur aus ihren Kolonien geflüchtet sind, halten die Forscher für unwahrscheinlich. Trottellummen ernähren sich überwiegend von kleineren Schwarmfischen wie Heringen oder Sandaalen, deren Bestände nach der Hitzewelle historische Tiefststände erreicht hatten. Aufgefundene tote Vögel waren meist deutlich abgemagert. Wahrscheinlich, so die Schlussfolgerung, sind die Tiere schlicht verhungert.
Es ist nicht das erste Mal, dass Populationen dieses Seevogels eingebrochen sind. Allerdings hatten sich die Tiere, vermutlich wegen geringer Konkurrenz um Nahrung und Brutplätze, immer relativ rasch wieder vermehrt – obwohl sie erst nach gut vier Jahren geschlechtsreif werden. Doch diesmal gibt es laut der Untersuchung selbst nach acht Jahren keine Anzeichen für ein erneutes Anwachsen der Population. Das deutet darauf hin, dass sich das Ökosystem nachhaltig verändert hat.
Dass Seevögel auf klimatische Schwankungen empfindlich reagieren, ist zu erwarten. Was überrasche, seien das katastrophale Ausmaß und die Geschwindigkeit des Trottellummen-Sterbens, so die Autoren. Mit der fortschreitenden globalen Erwärmung werden Hitzewellen im Meer sowohl häufiger als auch intensiver. Nicht alle Tierarten reagieren derart sensibel und negativ darauf. Alaskas Trottellummen aber gehören eindeutig zu den Verlierern des Klimawandels.
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