Klosterleben: Warum Mönche mehr Darmparasiten hatten als das Volk
Viele Klöster des Augustinerordens waren bereits im Mittelalter sehr fortschrittlich: Die anwesenden Mönche verrichteten ihr Geschäft in abgetrennten Latrineneinheiten und konnten sich dort auch die Hände waschen. Dennoch wiesen sie mit einer doppelt so hohen Wahrscheinlichkeit Darmparasiten auf wie das gemeine Volk, dem derartige Einrichtungen noch lange fehlten. Das zeigt eine Studie von Tianyi Wang von der University of Cambridge und ihrem Team im »International Journal of Paleopathology«.
Die Arbeitsgruppe hat dazu Bodenproben aus Gräbern untersucht, die von verschiedenen Friedhöfen aus Cambridge stammten. Während auf dem älteren Friedhof der Kirche All Saints by the Castle vor allem Menschen mit für damalige Zeiten niedrigem sozialem Status beerdigt wurden, bestattete man innerhalb der Klostermauern neben den Mönchen noch wohlhabende Bürger, die sich dort einkauften. Anhand bestimmter Merkmaler wie metallischer Bekleidungselemente ließen sich beide Gruppen jedoch gut unterscheiden. Insgesamt beprobten Wang und Co 44 Gräber aus der Zeit zwischen dem 10. und 14. Jahrhundert, deren Sedimente sie nach den Überresten von bestimmten Parasiten wie Spul- und Peitschenwürmern durchsiebten: Die Eier der Tiere sind sehr robust und können auch längere Zeit im Erdreich überstehen.
Als infiziert galten Menschen für die Wissenschaftler nur, wenn sie Parasiteneier im Bereich des Beckens fanden – wo sie nach Verwesung der Eingeweide ebenfalls ihre vorläufig letzte Ruhe finden sollten – oder wenn die Menge an derartigen Eiern im Bereich des Unterleibs viermal häufiger war als am Kopf- oder Fußende. Bei der Bestattung verwendete, aber kontaminierte Erde hätte dort auch Eier eintragen können.
Tatsächlich fanden Wang und Co in 11 der 19 untersuchten Mönchsgräber erhöhte Mengen an Parasiteneiern, aber nur in 8 von 25 Fällen bei der restlichen Bevölkerung. Studien von anderen europäischen Friedhöfen wiesen regelmäßig bei rund einem Drittel der Toten Hinweise auf Parasiten nach: Der Wert könnte also der damaligen Belastung der Menschen mit Würmern und Co entsprechen. Dagegen ist der Anteil bei den Mönchen deutlich erhöht, obwohl sie unter hygienischeren Verhältnissen lebten.
Da Spul- und Peitschenwürmer aber vor allem durch unzureichende Hygiene verbreitet werden, vermuten die Forscher, dass der Unterschied in den Infektionsraten zwischen den Mönchen und der allgemeinen Bevölkerung darauf zurückzuführen ist, wie beide Gruppen mit ihren Ausscheidungen umgingen. »Eine Möglichkeit ist, dass die Mönche ihre Gemüsegärten mit ihren Fäkalien düngten, was im Mittelalter nicht unüblich war. Das könnte dann zu einer wiederholten Infektion mit den Würmern geführt haben«, sagt der Studienleiter Piers Mitchell.
Der Befall mag für die Mönche unangenehm gewesen sein, dauerhaft geschadet hatte er ihnen jedoch nicht. Zum einen bauten sie in ihren Klostergärten auch Pflanzen an oder nutzten Wildkräuter, um diese als Wurmkur zu nutzen. Mittelalterliche Schriften geben sogar an, wie sie diese einnehmen sollten, um den bitteren Beigeschmack zu übertünchen. Zum anderen lebten sie dank der Düngung von besseren Speisen als die Menschen außerhalb der Klostermauern. In der Regel wurden sie auch deshalb älter als das normale Volk.
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