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Kognitive Ökologie: Kluge Reptilien

Tropen-Echsen zeigen trotz geringer Umweltanforderungen ein erstaunliches Lernvermögen.
Kluge Reptilien
Vögel und Säugetiere reagieren flexibel auf ihre Umwelt, weil sie vielfältige Lebensräume erschließen. So lautet eine unter Evolutionsbiologen verbreitete These. Echsen hingegen traute man bislang nur eine stereotype "Sit-and-wait"-Strategie zu, um an die Leckereien auf ihrem Speiseplan zu kommen. Eine neue Studie zeigt nun, dass die Reptilien offenbar unterschätzt wurden.

Die Biologen Manuel Leal und Brian Powell von der Duke University in Durham (US-Bundesstaat North Carolina) führten mit sechs tropischen Echsen der Art Anolis evermanni mehrere Tests durch. Hierzu platzierten sie im Käfig der Tiere einen schuhschachtelgroßen, grauen Holzblock, der auf der Oberseite zwei Vertiefungen aufwies. Die eine enthielt eine Waffenfliegen-Larve, allerdings von einer blauen Scheibe verdeckt. Vier Echsen brachten es fertig, den Deckel kurzerhand mit der Schnauze wegzustubsen.

Um zu überprüfen, ob sich die Echsen merken konnten, unter welchem Deckel eine Larve lag, schlossen die Forscher auch die zweite Mulde – mit einem blau-gelben Deckel. Unter dem blauen befand sich nun wiederum die Larve, beide wurden mit Larvenduft präpariert. Alle vier Anolis-Echsen, die den ersten Test bestanden hatten, steuerten jedoch auf die blaue Scheibe zu und bewiesen damit, dass sie die blaue Farbe mit der Leckerei assoziiert hatten. Besonders bemerkenswert schnitten zwei Echsen im letzten Experiment ab: Die Forscher legten den Larvenwurm plötzlich unter den anderen Deckel – doch schon nach wenigen Versuchen hatten die Reptilien umgelernt.
Kluge Reptilien
Eine Anolis-Echse spickt mit ihrer Schnauze die richtige Scheibe weg, um an die Fliegenlarve zu gelangen.
Die Reptilien stellten damit kognitive Fähigkeiten unter Beweis, die mit denen einiger warmblütiger Lebewesen vergleichbar sind. Dieses Ergebnis gibt nicht nur Anlass, die Intelligenz der Reptilien neu zu bewerten, sondern auch jene Faktoren, die Evolutionsforscher bisher zur Voraussage der Verhaltensflexibilität heranzogen: Die Vielfalt der Umwelt scheint nicht allein ausschlaggebend zu sein. (se)

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