News: Knapp daneben
Planetenforscher des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin-Adlershof haben ein Netz von Vermessungspunkten für den Planeten Mars erstellt, das bisherige Produkte dieser Art an geometrischer Genauigkeit weit übertrifft. Im Laufe der Rechnungen, die dieser Arbeit vorausgingen, zeigte sich, daß die historische erste Marslandung bisher an der falschen Stelle vermutet wurde.
Tatsächlich ist die Landestelle von Viking 1 etwa fünf Kilometer weiter östlich gelegen, als von der NASA vor mehr als 25 Jahren ermittelt wurde. Der entscheidende Hinweis ergab sich, als man die Landekoordinaten der Marssonde Pathfinder mit den Daten von Viking 1 verglich. Da der Ort der Pathfinder-Landestelle zweifelsfrei in Bildern identifiziert werden kann, stellten die DLR-Wissenschaftler Unstimmigkeiten im Verhältnis zur Viking-Landestelle fest. Ergebnisse dieser Studie wurden in der März-Ausgabe des Journal of Geophysical Research veröffentlicht. Wissenschaftler der NASA am Jet Propulsion Laboratory (JPL) in Pasadena, die daraufhin Bilddaten der Viking-Sonden neu untersuchten, haben inzwischen die Ergebnisse des DLR-Forscherteams bestätigt. Panoramabilder, die die Raumsonde nach der Landung am 20. Juli 1976 zur Erde sendete, zeigten eine Reihe von Kratern am Horizont, die die Wissenschaftler damals in Bildern der Viking-Orbiter wiederzuerkennen glaubten. Eine neue Auswertung dieser Bilder mit modernen Methoden der Bilddatenverarbeitung zeigt, daß diese Zuordnung nur sehr grob war und daher zu einer fehlerhaften Schlußfolgerung bezüglich der Landestelle führte. Die Raumsonde Global Surveyor, die nach der bisherigen Testphase in diesem Monat ihre geplante systematische Kartierung der Marsoberfläche beginnt, wird dieses Ergebnis vielleicht bald direkt bestätigen können. Die Sonde ist mit einer hochauflösenden Kamera ausgestattet, mit deren Hilfe man etwa ein bis zwei Meter große Details und somit möglicherweise die Landegeräte am Boden gut erkennen kann. Global Surveyor kann dann eventuell auch den Verbleib der Sonde Viking 2 klären, die am 3. September 1976 auf der Marsoberfläche inmitten der ausgedehnten Wüste Utopia Planitia niederging. Wo diese Landestelle genau liegt, war mit Hilfe des bisher verfügbaren Bildmaterials nicht zu ermitteln. Das Ergebnis dieser DLR-Vermessungsstudie ist von weitreichender Bedeutung für die zukünftige Erforschung des Roten Planeten. In deren Rahmen wurden die Koordinaten von etwa 3 700 sogenannten "Kontrollpunkten" auf der Grundlage von über 1 100 Bildern der Viking-Orbiter neu bestimmt. Solche Vermessungsnetze bilden wichtige Grundlagen für geometrisch genaue Karten, die es wiederum zum Beispiel ermöglichen, Kameras von Bord einer Raumsonde genauer als bisher auf Ziele am Boden zu richten oder Landegeräte an eine vorbestimmte Stelle auf der Oberfläche des Planeten zu lenken. Bisherige Karten hatten eine unzureichende geometrische Genauigkeit, die Fehler der Koordinatengitter betrugen bis zu zwanzig Kilometer. Die falsch bestimmte Landestelle von Viking 1, die bisher einen wichtigen „Festpunkt" für diese Karten bildete, war einer der Gründe für die mangelnde Qualität dieser Produkte. Auf der Grundlage des neuen Vermessungsnetzes wird im DLR-Institut für Weltraumsensorik und Planetenerkundung in Berlin-Adlershof nun eine überarbeitete Karte des Planeten erstellt, in der sich Koordinaten zukünftig mit einer Genauigkeit von etwa einem Kilometer ablesen lassen. NASA-Wissenschaftler haben bereits größtes Interesse an diesem Werk bekundet.
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