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Reaktion: Kobras spucken mit Vorhalt

Berüchtigt sind Kobras eigentlich für ihren giftigen Biss, der sogar tödlich wirken kann. Doch einige dieser Schlangen nutzen ihr Gift auch zur Verteidigung, indem sie es einem potentiellen Angreifer in die Augen spucken. Das tun sie mit erstaunlicher Präzision, denn wie Forscher an der Universität Bonn herausfanden, warten die Tiere dazu genau den richtigen Moment ab und antizipieren die Bewegungen des Ziels.

Für die Schlange ist es entscheidend, genau zu treffen, denn obwohl das Gift binnen Minuten die Netzhaut des Auges zerstört, ist es auf der Haut und sogar normalen Schleimhäuten harmlos. Außerdem ist der Giftapparat der Schlange für präzises Spucken nicht konstruiert.

Um herauszufinden, wie die Reptilien trotzdem ihr Ziel treffen können, experimentierten Forscher um Guido Westhoff von der Universität Bonn mit Exemplaren der Roten Speikobra (Naja pallida), der Afrikanischen Speikobra (Naja nigricollis) und der Art Naja siamensis aus Südostasien.

Sie provozierten die Schlangen, indem sie – geschützt durch eine Brille – den Kopf vor dem Tier hin- und herbewegten. Etwa hundert Schüsse werteten die Forscher anhand der Aufnahmen einer Hochgeschwindigkeitskamera aus und verglichen sie mit den Messdaten von Beschleunigungsmessern in der Schutzbrille.

Dabei stießen sie in fast allen Fällen auf ein ähnliches Muster. Zuerst folgt die Schlange mit ihrem Kopf den Bewegungen des Opfers und beobachtet es. Tatsächlich ist es gar nicht so einfach, die Schlangen auf diese Weise zu provozieren – erst eine ruckartige Richtungsänderung der Bewegung löst den Spuckreflex aus. Dabei jedoch schaltet die Kobra ihren Zielmodus blitzschnell um: Zielte sie bisher genau auf die Augen des Opfers, dreht sie nun den eigenen Kopf in die Richtung, in die sich die Augen des Opfers bewegen – aber schneller und weiter.

Das liegt einfach daran, dass Schlangen, genau wie Menschen, eine kurze Zeit brauchen, um auf eine Wahrnehmung zu reagieren. In den von den Forschern aufgenommenen Filmen betrug diese "Schrecksekunde" etwa 200 Millisekunden, ähnlich lang wie beim Menschen. Trotzdem treffen die Schlangen nicht etwa leeren Raum, sondern präzise das Ziel – obwohl es sich längst weiterbewegt hatte.

Der Grund ist einfach, dass die Schlangen ihre eigene Reaktionszeit kennen und entsprechend mit Vorhalt schießen. Wenn die Tiere dann ihren Giftschwall abschossen, zielten sie präzise auf den Punkt, an dem die Augen des Opfers zweihundert Millisekunden später waren. Die Kobras sind also in der Lage, die Position des Ziels präzise vorauszuberechnen, und deswegen treffen sie trotz ihrer wenig spucktauglichen Anatomie wesentlich präziser, als wir es mit Kirschkernen je könnten. (lf)
  • Quellen
Westhoff, G. et al.: Target tracking during venom 'spitting' by cobras. In: Journal of Experimental Biology 213, S. 1797–1802, 2010.

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