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Evolutionshypothesen: Können sexy Hirschkäfer nicht fliegen?

Die Geweihe potenter Hirschkäfermänner werden größer und größer. Das könnte böse enden, ahnten besorgte Forscher und gingen der Sache nun vorsichtshalber nach.
Imposantes Schröter-Geweih

Evolutionsbiologen stellen gerne auch einmal zunächst recht unrealistische Szenarien auf, um diese dann für einen größeren Erkenntnisgewinn durchzudenken und wieder zu verwerfen. Wenn sie das am Beispiel attraktiver Tiere durchexerzieren, entsteht dabei nicht selten eine hübschen Studie, typischerweise für ein Fachmagazin der britischen Royal Society. So etwa die neue Arbeit eines belgischen Teams aus Sportmedizinern, Physiologen und Zoologen, in der die sexuellen Vorteile der überdimensionierten Kopfpartien von Hirschkäfern und die damit verbundenen aerodynamischen Nachteile abgewägt werden.

Kämpfende Hirschkäfer | Der Kampf männlicher Schröter ist ein imposantes Schauspiel. Am Ende gewinnt fast immer der kräftigere und der, der die Hebel seiner verlängerten Kiefer geschickter einsetzt.

Im Lauf der Evolution haben die männlichen Exemplare der Schröter – zu der Käferfamilie zählt etwa der heimische Hirschkäfer – zunehmend größere, teils bizarr gezahnte Kiefererweiterungen entwickelt. Die auswachsenden Mandibeln der Männchen werden im eindrucksvollen Zweikampf gegen Paarungskonkurrenz eingesetzt: Wer stärker ist und die Hebel seines Käfergeweihs geschickter einsetzt, kommt beim Weibchen zum Zug. Also sollten die Geweihe immer größer werden und die Tiere immer kräftiger. Das aber dürfte beim Flug zunehmend Probleme machen: Der Käfer wird derart kopflastig, dass sein Flugapparat überfordert ist. Steuern die Käfer also in eine Sackgasse der Evolution?

Indonesischer Schröter | Der in Indonesien heimische Schröter Cyclommatus metallifer.

Mit allerlei biomechanischen Untersuchungen machten sich die belgischen Forscher daran, dies zu überprüfen. Zunächst stellten sie dabei fest, dass der Flug für männliche Prachtexemplare lebenswichtig sein dürfte, um neue Reviere zu erreichen: Denn schon das Laufen am Boden ist für überdimensionale Männchen des in Indonesien heimischen Cyclommatus metallifer um rund 40 Prozent anstrengender als für die Weibchen. Im Luftkanal und bei allerlei weiteren biomechanischen Analysen zeigte sich dann aber eine Überraschung: Zwar behindern die Kampfmandibeln die Männchen – die energetischen Flugkosten erhöhen sich um 26 Prozent –, zumindest Größe und Form der Mandibeln machen aber kaum einen messbaren aerodynamischen Unterschied. Die Flugfähigkeit ist also vorerst kein Hindernis, um immer größere und imposantere Mandibeln wachsen zu lassen, so die Forscher: Wie die Hummel, die ja angeblich nicht fliegen können soll, werden auch sexuell erfolgreiche Hirschkäfer weiter erfolgreich abheben.

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