News: Körper im Kopf
Nancy Kanwisher und ihre Kollegen von dem Massachusetts Institute of Technology und der University of Wales drangen nun in noch wenig erforschtes Terrain vor. Auf der Suche nach Kategorie-spezifischen Hirnregionen ähnlich der fusiform face area, die offenbar für die Gesichtserkennung zuständig ist, zeigten sie ihren Versuchspersonen Bilder von Objekten aus solch verschiedenen Bereichen wie Nahrung, Tiere, Werkzeuge, Gesichter, Musikinstrumente und Teile des menschlichen Körpers. Mithilfe der funktionellen Magnetresonanzspektroskopie (fMRI) zeichneten sie die zugehörigen Hirn-Aktivitätsmuster auf.
Die Gehirnareale der Getesteten reagierten auf die Bilder nahezu sämtlicher Kategorien völlig unauffällig – jedoch mit einer Ausnahme: Fotos von menschlichen Körpern oder einzelnen Körperteilen – beispielsweise Augen, Füßen und Händen – riefen bei jedem Beteiligten eine verstärkte Antwort in einer bestimmten Region hervor, die sich innerhalb des so genannten Sulcus temporalis superior, einer Gehirnfurche des Schläfenlappens, an der seitlichen Oberfläche des Gehirns hinter den Ohren befindet.
Mithilfe zusätzlicher Experimente stellten die Forscher sicher, dass jenes als extrastriate body area bezeichnete Zentrum nicht auf abstrakte Merkmale wie ebene oder gekrümmte Oberflächen fixiert ist: Die neu entdeckte Hirnregion zeigte sich wesentlich aktiver bei Linienzeichnungen von menschlichen Körpern oder dessen Teilen als bei vergleichbaren Bildern von Objekten oder deren Bruchstücken. Auch eine Reaktion des Gehirnareals auf beliebige andere Lebewesen wie Säugetiere oder Bäume beziehungsweise Gebrauchsgegenstände wie Autos, Scheren oder Korkenzieher, die sich beweglich sind, ließ sich nach entsprechenden Versuchen mit Sicherheit ausschließen: Es reagiert offensichtlich spezifisch auf den menschlichen Körper.
Jene Region des menschlichen Gehirns wirft eine Fülle weiterer, wichtiger Fragen auf. So gilt es unter anderem ihre genaue Funktionsweise und Bedeutung zu klären. Spekulationen der Forscher zufolge könnte uns dieses Zentrum hilfreich dabei sein, Individuen auch dann zweifelsfrei zu identifizieren, wenn wir sie nur unvollständig oder in Umrissen sehen. Möglicherweise spielt jenes Hirnareal ebenfalls eine Rolle bei der Wahrnehmung unseres Körpers im Raum. Weiterführende Forschungen sollen zudem klären, wie die Region innerhalb der Hirnrinde entsteht und ob ihre Aufgabe in unserem genetischen Bauplan festgelegt ist.
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