Klimawandel: Kohlendioxid verlängert die Vegetationsperiode
In vielen Teilen der Erde hat sich in den letzten Jahrzehnten die Vegetationsperiode deutlich verlängert: In Nordamerika etwa treten die letzten Frühlingsfröste verglichen mit 1900 im Schnitt eine Woche früher und die ersten Herbstfröste eine Woche später auf. In Europa belegte eine Studie an 540 Pflanzenarten, dass ihr mittlerer Blühbeginn seit 1971 im Frühjahr um etwa sieben Tage früher eintritt, während sie ihre Fotosysnthese im Herbst vier Tage später einstellen. Bislang galten die im gleichen Zeitraum ebenfalls gestiegenen Durchschnittstemperaturen als Hauptgrund für die Veränderungen. Nun zeigt eine Studie von Heidi Steltzer vom Fort Lewis College in Durango, dass dies nur teilweise und vor allem auf den Frühling zutrifft. Im Herbst beeinflusst dagegen der Kohlendioxidgehalt der Luft die Verlängerung maßgeblich.
Die Biologin hatte zusammen mit ihren Kolleginnen verschiedene Testflächen in der Prärie von Wyoming über fünf Jahre hinweg entweder künstlich erwärmt, mit zusätzlichem Kohlendioxid begast oder beides gleichzeitig durchgeführt und beobachtet, wie die typischen Gräser und Kräuter des Ökosystems reagierten. Von Art zu Art und Jahr zu Jahr unterschied sich deutlich, wann die Pflanzen ihre Blätter austrieben, blühten, Samen bildeten und schließlich abstarben. Doch eines kristallisierte sich deutlich heraus: Im Mittel verlängerte sich die Vegetationsperiode in erwärmten Probearealen um rund sechs, in aufgeheizten und begasten Flächen jedoch um mehr als 14 Tage. Die erhöhten Kohlendioxidkonzentrationen hatten also eindeutig zu dieser Entwicklung beigetragen. Am stärksten ausgeprägt war der Effekt in einem feuchten Jahr, als sich die effektive Wachstumszeit um einen ganzen Monat verlängert hatte.
Kohlendioxid mindert Trockenheitsstress
In der Prärie nimmt im Jahresverlauf normalerweise der Trockenheitsstress zu, was die Fotosyntheserate mindert: Die Pflanzen schließen ihre Spaltöffnungen, die Stomata, um Wasserverluste zu minimieren, wenn sie diese nicht aus dem Erdboden ausgleichen können. Höhere Kohlendioxidkonzentrationen begünstigen jedoch die CO2-Aufnahme durch die Vegetation, die daher besser mit der vorhandenen Feuchtigkeit haushalten kann. Und folglich können sie länger in den Herbst hinein ihre Fotosynthese laufen lassen, wie dies die Forscherinnen bemerkten. Eher trockene Ökosystemen könnten daher von der Kohlendioxidzunahme profitieren.
Unklar ist allerdings, wie wassergesättigte Naturräume auf diese Entwicklung reagieren – etwa tropische Regenwälder oder Feuchtgebiete. In nordamerikanischen Sumpfwäldern etwa haben Forscher eine herbstliche Verlängerung der Vegetationsperiode noch nicht beobachten können. Zudem zeigt die Arbeit von Steltzer und Co erneut, dass Arten unterschiedlich stark auf den Klimawandel reagieren und so ganze Lebensgemeinschaften aus dem Takt geraten könnten. Diese so genannte Desynchronisierung in den Ökosystemen schätzen viele Ökologen als eines der größten Probleme durch die Erderwärmung ein.
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