Roter Planet: Kohlenstoffverbindungen in Marsmeteoriten sind keine Lebensspuren
Meteoriten vom Roten Planeten sorgten in der Vergangenheit immer wieder für Aufregung in der Forschergemeinde. Mal schienen sie Mikrofossilien zu enthalten, wiederholt wurden Spuren von komplexen organischen Kohlenstoffverbindungen in ihnen gefunden. Da das irdische Leben auf diesem Element basiert, ist denkbar, dass die Substanzen auch auf dem Mars durch primitive Lebensformen erzeugt wurden. Eine neue Untersuchung von mehreren Marsmeteoriten beweist nun aber, dass die Kohlenstoffspuren vollkommen ohne die Beteiligung biologischer Aktivität durch chemische Prozesse beim Erkalten des Magmas im Marsinneren entstanden.
Die wichtigste Quelle für Marsgesteine auf der Erde sind Meteorite vom Roten Planeten. In der Vergangenheit fanden Forscher mehrere große organische Moleküle. Doch bislang war nicht klar, woher diese stammten. Sind sie Spuren biologischer Prozesse auf dem Mars, wurden sie durch chemische Prozesse aus wässrigen Lösungen ausgefällt oder durch den Zerfall von Karbonaten bei hohen Temperaturen erzeugt? Sind sie Überreste vom Einschlag chondritischer Meteorite oder gar Verunreinigungen, die erst nach dem Einschlag auf der Erde den Meteoriten verschmutzten? Andrew Steele vom Geophysical Laboratory der Carnegie Institution of Washington gingen dieser Frage nun nach und untersuchten dazu elf verschiedene Marsmeteorite und deren Kohlenstoffspuren.
Sie analysierten dazu mikrokopisch feine Scheiben der Meteorite mit Hilfe der Raman-Spektroskopie, die Aufschluss über die Zusammensetzung und Kristallinität gibt. In allen Fällen befanden sich die Kohlenstoffverbindungen zusammen mit Metalloxidmineralien komplett eingeschlossen in Olivinkristallen. Sie können also nicht durch Kontamination auf der Erde entstanden sein. Die molekulare Struktur der Kohlenstoffverbindungen spricht ebenfalls für den gleichen Befund.
Die Forscher fanden eine Vielzahl von polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK), deren Verhältnisse zwischen zwei analysierten Meteoriten variierten. Ein PAK, der sonst sicher irdische Verunreiningung anzeigt, wurde in keinem gefunden. Die komplexen Verbindungen mit mehreren Kohlenstoffringen gelten als mögliches Zeichen biologischer Aktivität, doch die Wissenschaftler schlossen diesen Ursprung aus.
Die PAKs können auch unter hohen Drücken und Temperaturen entstehen, die in Magmen im Inneren von Planeten herrschen. Da die gefundenen Kohlenstoffverbindungen in den Meteoriten in intakten Kristallen eingeschlossen sind, wurden sie offenbar nach der Entstehung der Kristalle gebildet. Sie entstanden beim Erkalten des Magmas beim Aufstieg aus dem flüssigen Planetenmantel. In einem Olivinmuttergestein wurden Anteile der Schmelze eingeschlossen, die dann in ihre Bestandteile, darunter auch die PAKs, auskristallisierte. Die untersuchten Meteorite decken rund 4,2 Milliarden Jahre Marsgeschichte und verschiedene Regionen der Planetenoberfläche ab. Daher scheint der Prozess dieser Kohlenstoffabscheidung überall und praktisch ständig abgelaufen zu sein. Der jüngste Meteorit ist rund 190 Millionen Jahre alt, die Forscher halten es daher für möglich, dass auf dem Roten Planet noch heute ein Kohlenstoffkreislauf aktiv ist.
Steele und seine Kollegen untersuchten auch den erst im Juli 2011 auf die Erde gefallenen Tissint-Meteoriten (wir berichteten), da er die geringste Verunreinigung durch irdische Verbindungen aufweisen sollte. Die festgestellten Isotopenverhältnisse zeigten eindeutig, dass nahezu der gesamte Kohlenstoff im Tissint-Meteorit vom Mars stammt. Doch die auf dem Roten Planeten ablaufenden Prozesse haben auch auf unserem Heimatplaneten eine wichtige Rolle gespielt, denn sie könnten auch hier Kohlenstoff aus dem Planeteninneren an die Oberfläche befördern.
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