Osterinsel: Kolosse sollten für kolossale Ernten sorgen
Sie sind so erstaunlich wie rätselhaft: die meterhohen Moai auf der Osterinsel, Rapa Nui. Seit das Eiland zwischen 900 und 1100 besiedelt wurde, hatten die Bewohner dort über 1000 der tonnenschweren Monolithe aufgestellt. Warum? Das gab immer wieder Anlass für Theorien – die Moai seien Gaben an die Götter oder Bilder von Ahnen und Anführern. Nun favorisieren Forscher eine neue These, nachdem sie zwei der Kolosse ausgegraben haben: Die Moai könnten als Garanten für ertragreichen Ackerbau gegolten haben.
Fast alle Moai wurden aus einem einzigen Steinbruch gewonnen: dem Rano Raraku im Ostteil der Insel. Dort legten Forscher um Jo Anne Van Tilburg von der University of California in Los Angeles nun zwei Moai frei, wie sie im »Journal of Archaeological Science« berichten. Die Kolosse waren im späten 15. oder 16. Jahrhundert im Steinbruch aufgestellt worden. Das ergaben C-14-Datierungen. Die Grabungen zeigten zudem, dass die Statuen dort nicht zum Abtransport bereitstanden, sondern fest im Boden eingelassen waren.
Besonders gute Bodenqualität
Die Forscher führten auch Sedimentanalysen im Umfeld des Steinbruchs durch. Mit dem Ergebnis, dass dort im 14. und 15. Jahrhundert Süßkartoffeln, Bananen, Flaschenkürbisse und Taro angebaut wurden. Offenbar, so erklären die Forscher, nutzte man den Steinbruch auch als ergiebige Ackerfläche. Die Geoarchäologin Sarah Sherwood von der University of the South in Sewanee dokumentierte einen hohen Gehalt von Phosphor und Kalzium im Erdreich. »Die Bodenchemie setzt sich vor allem aus Elementen zusammen, die für ein gutes Pflanzenwachstum und hohe Erträge entscheidend sind«, erklärt Sherwood. »Überall auf der Insel sind die Böden sehr schnell ausgelaugt worden, sie erodierten und verloren die Elemente, von denen Pflanzen leben.« Außer im Steinbruch – durch den Abbau des Vulkangesteins war der Boden immer wieder mit Tuffgestein gedüngt worden. Die Abschläge verwitterten und sorgten so für einen hohen Tongehalt der Erde.
Für Grabungsleiterin Van Tilburg hängen die dauerhafte Aufstellung der Steinriesen und die hohe Bodengüte des Steinbruchs zusammen: »Man hatte diese und vielleicht auch andere aufrecht stehende Moai in Rano Raraku belassen, um die sakrale Natur des Steinbruchs zu garantieren. Die Moai waren von zentraler Bedeutung für die Vorstellung von Fruchtbarkeit – und in der Glaubenswelt der Rapanui sollte ihre Präsenz wohl die landwirtschaftlichen Erträge fördern.«
Die Bewohner der Osterinsel errichteten bis ins frühe 18. Jahrhundert Moai-Statuen. Zu jener Zeit hatten die ersten Europäer das Eiland im Südostpazifik erreicht. Der Niederländer Jakob Roggeveen landete am Ostersonntag 1722 an. Er taufte die Insel aus diesem Anlass Osterinsel.
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