Schweifsterne: Komet bei Todessturz in die Sonne verfolgt
Seit unser Tagesgestirn rund um die Uhr unter der Beobachtung von Sonnenforschungssatelliten steht, entdeckten Forscher und Amateurastronomen mehr als 2100 Kometen auf ihren Bildern. Die Kometen nähern sich der Sonne meist extrem dicht an und überstehen wegen der enormen Hitzestrahlung ihre Passage nur selten. Rund 1600 von diesen Schweifsternen gehören zur so genannten Kreutz-Familie, benannt nach dem deutschen Astronomen Heinrich Kreutz (1854 – 1907). Ihm waren im 19. Jahrhundert erstmals Kometen aufgefallen, die sich extrem dicht der Sonne annäherten. Kreutz erkannte, dass sie sich auf sehr ähnlichen Bahnen bewegten und schloss daraus, dass sie Bruchstücke eines größeren Kometen sein müssten. Spätere Untersuchungen zeigten, dass dieser Mutterkomet vor mehreren Tausend Jahren an unsere Sonne extrem dicht herankam. Durch die enorme Wärmebelastung brach der bis zu 100 Kilometer große Kern in tausende von Bruchstücken auseinander, die nun auf ähnlichen Bahnen die Sonne umrunden. Mitte Dezember 2011 machte der Kreutz-Komet C/2011 W3 Lovejoy auf sich aufmerksam, der seine Passage sogar überstand (wir berichteten).
Die Forscher vermuten, dass der Kern von C/2011 N3 (SOHO) vor Erreichen der Sonne etwa 10 bis 50 Meter groß war. Aus den Bildern bestimmten sie, dass der Komet in seinen letzten zehn Minuten vor seiner endgültigen Auflösung zwischen 600 und 60 000 Tonnen an Gasen in der äußeren Atmosphäre der Sonne freisetzte. Sie vermuten, dass sich der Kometenkern dabei in kleinere Bruchstücke zerlegte, die sich rasch durch die enorme Hitze auflösten.
Daraus lassen sich Rückschlüsse auf die physikalische Struktur von Kometenkernen ziehen. Bislang ist nur wenig darüber bekannt, wie sich jene in der Frühzeit des Sonnensystems bildeten. Untersuchungen und Simulationen der Vorgänge, die sich in den so genannten protoplanetaren Scheiben – den Geburtsorten der Planeten und Kometen – abspielten, zeigen, dass aus den feinen Staubpartikeln recht schnell Gebilde in einem Größenbereich von Millimetern bis Zentimetern entstehen. Sie stoßen miteinander zusammen und verbacken dabei zu größeren Aggregaten.
Kometen bildeten sich in den äußeren Bereichen der protoplanetaren Scheibe, wo sich auch flüchtige Stoffe wie Wasser und Kohlendioxid als Feststoffe niederschlagen konnten. Zudem bewegten sich die Himmelskörper in den Außenbezirken des Sonnensystems zueinander recht langsam. Kometenkerne sind somit nur schwach zusammenhängende Himmelskörper und wahrscheinlich brechen sie unter thermischen Stress in ähnliche Bruchstücke auseinander, aus denen sie sich einstmals formten. Untersucht man nun die Größenverteilung dieser Bruchstücke, so ergeben sich Informationen über die Entstehungsvorgänge. Allerdings stehen diese Arbeiten noch ganz am Anfang.
"Sonnentaucher", wie die Kreutz-Kometen auch genannt werden, sind aber auch Sonden zu Erkundung des Temperaturumfelds in unmittelbarer Sonnennähe. Hier betragen die Temperaturen zwischen 1000 und 4000 Grad Celsius, die sich sonst nirgends im Sonnensystem antreffen lassen. Durch spektroskopische Untersuchungen von Kometenkernen bei ihrer Sonnenannäherung ergeben sich dabei Rückschlüsse auf ihre chemische Zusammensetzung. Da die Temperaturen stetig ansteigen, werden zunächst die leichtflüchtigen Bestandteile wie Wassereis und Kohlendioxid verdampft, dann folgen organische Vebindungen und zum Schluss lösen sich die geringen Mengen an temperaturfesten Silikatmineralen und Metallsulfiden auf, die in geringen Mengen auch in einem Kometenkern vorhanden sind.
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