Schweifsterne: Komet ISON: Wiedergänger aus dem Fegefeuer?
Der Komet ISON erweist sich als Wunderling unter den Schweifsternen. Zunächst sah es so aus, als würde er sich bei Erreichen des geringsten Abstands zur Sonne völlig auflösen – so wie es schon bei mehr als 2000 anderen Kometen beobachtet wurde. Sein Kopf erschien auf den Bildern der Sonnensonde Soho etwa eine Stunde vor der dichtesten Annäherung um 19.25 Uhr MEZ immer leuchtschwächer. Forscher von NASA und ESA fanden auch bei einer fotometrischen Verarbeitung der Bilder keine Hinweise mehr auf einen festen Kern. Offenbar war er in mehrere Fragmente zerfallen, wahrscheinlich ausgelöst durch die enorme Hitzestrahlung der Sonne und durch Gezeiteneffekte.
Gegen 18.30 Uhr MEZ verschwand der Kopf des Kometen hinter der zentralen Blende des Nahbereichskoronografen LASCO C2, und der Schweif ließ drastisch an Helligkeit nach. Da die Sonnensonde Soho nicht ständig in Funkkontakt mit der Erde steht, wurden die Bilder erst mit einer Verzögerung von rund zwei Stunden online zugänglich. Die Aufnahmen wirkten so eindeutig, dass auch Sonnenforscher von NASA und ESA den Kometen ISON für "tot" erklärten.
Erste Hinweise darauf, dass ISON vielleicht doch noch nicht ganz abzuschreiben ist, gaben Bilder von LASCO C2, die gegen 21.30 Uhr online gingen. Auf ihnen zeigte sich links oberhalb der Abdeckscheibe des Nahbereichskoronografen LASCO C2 ein lichtschwaches längliches Gebilde, das sich exakt auf der für ISON vorausberechneten Bahn bewegte. Nach Mitternacht wurden Bilder des Weitfeldkoronografen LASCO C3 veröffentlicht, auf denen ein kurzer, keilförmiger Schweifstern oberhalb der Sonne sichtbar ist. Offenbar hat zumindest ein Teil des Kometen ISON überlebt, jedoch ist dieser Restkomet deutlich leuchtschwächer als vor der Sonnenpassage. Ob sich aus ihm noch ein prachtvolles Himmelsspektakel für den kommenden Dezember entwickelt, lässt sich derzeit nicht absehen. Aber: Totgeglaubte leben länger!
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