Kosmochemie: Kometenkristalle von der Sonnenbank
Staub ist buchstäblich allgegenwärtig: Ohne ihn gäbe es Planeten wie die Erde nicht. Doch wie kommt er in Form von "kristallinem Silikat", das nur in echten Glutöfen entsteht, ins Innere von Kometen - den in der Tiefkühltruhe des Sonnensystems geborenen kosmischen Schneebällen?
Staub im Weltraum können Sie am klaren und dunklen Nachthimmel mit bloßem Auge selbst erkennen: Das diffus schimmernde Sternenband der Milchstraße ist an etlichen Stellen von Dunkelwolken abgeschattet, am deutlichsten zwischen den Sommersternbildern Schwan und Schütze. Die Ursache ist Staub in der Ebene unserer Galaxis, der das Licht der dahinter liegenden Sterne förmlich verschluckt. Und die Milchstraße ist damit nicht die Ausnahme, sondern die Regel: Solche Ansammlungen werden in fast allen Galaxien beobachtet, bei denen wir auch nur annähernd auf die Kante der Spiralarmscheibe blicken – auch denen im frühesten Kosmos.
Ein internationales Team um Péter Ábrahám vom ungarischen Konkoly-Observatorium konnte jetzt mit dem Weltraumteleskop Spitzer die entscheidenden Hinweise erbringen [1]: Die Astronomen beobachteten den jungen, veränderlichen Stern EX Lupi, eine rote Sonne im Sternbild Wolf. Er ist der Prototyp einer bestimmten Art von Veränderlichen, den EXors. Sie zeigen von Zeit zu Zeit einen starken Helligkeitsausbruch auf das
An diesem Punkt greift Dejan Vinković von der Universität Split mit einer neue Studie an [3]. Seine Simulationen an Großrechnern in Princeton und Zagreb zeigen einen wesentlichen Beitrag der zirkumstellaren Scheibe zum Strahlungsdruck, der auf die Staubkörner wirkt. Bislang wurde lediglich der Einfluss des Sterns selbst berücksichtigt. Dieser wirkt nur in rein radialer Richtung und "stößt" die Partikel in die Scheibe hinein. Laut Vinkovićs Berechnungen wirkt dem jedoch die Infrarotemission der Scheibe entgegen, was dazu führt, dass die Partikel an ihrer Oberfläche entlang nach außen strömen, unabhängig von der genauen Höhenzunahme der Scheibe mit wachsender Entfernung vom Stern.
Am häufigsten sind amorphe Silikatpartikel und kohlenstoffhaltiger Staub. Untersuchungen an Meteoriten und Kometen ergaben schon in den 1980er Jahren, dass in diesen Objekten auch ein nennenswerter Anteil an kristallinem Silikat, insbesondere dem magnesiumhaltigen Forsterit (Mg2SiO4) vorliegt. Doch für dessen Entstehung sind Temperaturen von tausend Grad und mehr erforderlich. Da es im ursprünglichen "solaren Nebel", aus der sich Sonne, Planeten und Kometen gebildet haben, nicht vorhanden war, muss das Silikat vorher, in der Frühphase des Sonnensystems, erzeugt und dorthin transportiert worden sein. Doch das Wie blieb bislang ungeklärt.
Ein internationales Team um Péter Ábrahám vom ungarischen Konkoly-Observatorium konnte jetzt mit dem Weltraumteleskop Spitzer die entscheidenden Hinweise erbringen [1]: Die Astronomen beobachteten den jungen, veränderlichen Stern EX Lupi, eine rote Sonne im Sternbild Wolf. Er ist der Prototyp einer bestimmten Art von Veränderlichen, den EXors. Sie zeigen von Zeit zu Zeit einen starken Helligkeitsausbruch auf das
"Offenbar entstehen die Kristalle durch Aufheizen und Ausglühen der Silikatteilchen nahe der Oberfläche der inneren, dicken Staub- und Gasscheibe während der Helligkeitsausbrüche"
(Attila Juhász)
hundertfache ihrer normalen Leuchtkraft. Dies wird auf Material zurückgeführt, aus dem sich der Stern zuvor gebildet hat und das aus der umgebenden "zirkumstellaren Scheibe" immer wieder in Klumpen auf die Oberfläche trifft. Ein solcher Ausbruch ereignete sich Anfang 2008 und während der Beobachtungen mit Spitzer zwei Monate später war EX Lupi immer noch dreißigmal so hell wie sonst. Die Daten von Spitzers Infrarotspektrograph zeigten jedoch starke Ähnlichkeit mit Kometenspektren. Es gibt in der Umgebung des Sterns also gerade nicht nur amorphes, sondern auch kristallines Silikat. Eine Vergleichsaufnahme von 2005 in Spitzers Datenbank zeigte jedoch keine Spur von Forsterit, es muss also erst kürzlich entstanden sein. "Wir sind vermutlich erstmals Zeugen des Kristallisationsprozesses geworden", freut sich Teammitglied Attila Juhász vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg. (Attila Juhász)
Doch wie gelangt das Forsterit vom glühenden Innenrand der Scheibe – etwa so weit weg von EX Lupi wie Merkur oder Venus von der Sonne – dorthin, wo es in die Kometen eingelagert wird? Das sind immerhin etliche Milliarden Kilometer und die Kristalle sind wenige Jahre nach dem Ausbruch schon nicht mehr in der Nähe des Sterns zu finden. "Mehrere Mechanismen wurden in der Vergangenheit vorgeschlagen," fasst Aigen Li von der University of Missouri den bisherigen Kenntnisstand zusammen [2], "darunter die turbulente Vermischung von Staubkörnchen in der Mittelebene des solaren Nebels und das 'X-Wind-Modell', bei dem Staubkörnchen von der Scheibenebene weg beschleunigt und dann weiter nach außen getragen werden." Beide Modelle erreichen jedoch die notwendigen Transportraten nicht.
An diesem Punkt greift Dejan Vinković von der Universität Split mit einer neue Studie an [3]. Seine Simulationen an Großrechnern in Princeton und Zagreb zeigen einen wesentlichen Beitrag der zirkumstellaren Scheibe zum Strahlungsdruck, der auf die Staubkörner wirkt. Bislang wurde lediglich der Einfluss des Sterns selbst berücksichtigt. Dieser wirkt nur in rein radialer Richtung und "stößt" die Partikel in die Scheibe hinein. Laut Vinkovićs Berechnungen wirkt dem jedoch die Infrarotemission der Scheibe entgegen, was dazu führt, dass die Partikel an ihrer Oberfläche entlang nach außen strömen, unabhängig von der genauen Höhenzunahme der Scheibe mit wachsender Entfernung vom Stern.
Problem gelöst? Nicht ganz, gibt Li zu Bedenken: "Vinkovićs Theorie ist nur für Teilchen gültig, die mindestens einen Mikrometer groß sind. Denn nur sie können ausreichend viel Impuls von den Infrarotphotonen der Scheibe aufnehmen und mit dem beschriebenen Prozess in die richtige Richtung beschleunigt werden." Die Kometenspektren verlangen jedoch auch die Anwesenheit kleinerer Staubkörnchen. Es bleibt die Möglichkeit, dass die Submikrometerteilchen durch turbulentes Mischen oder X-Winde schneller nach außen verbracht werden als die größeren Exemplare, oder aber, dass sie erst beim Bilden der Schweife während des Ausgasens des Kometenkerns aus ihnen entstehen. Dies muss mit weiteren Studien überprüft werden.
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