Und jetzt zum Wetter: Verfrühte Eisheilige?
Das Wetter: Mai startet durchwachsen
Von wegen Feiertagswetter: Der erste Mai fällt dieses Jahr vielerorts ins Wasser. Schon in der Walpurgisnacht müssen vor allem der Nordwesten, Westen und der Süden Deutschlands mit teilweise schauerartig verstärktem Regen rechnen; nur der äußerste Norden und der Nordosten bleiben einigermaßen verschont. Am Feiertag selbst bleibt es bewölkt und schauert weiter; im Süden sind auch Gewitter drin – bei 10 bis 17 Grad Celsius. Auf der Sonnenseite bleibt nur der hohe Norden, hier reicht es dennoch nur zu frischen 14 Grad Celsius. Festtagsstimmung sieht anders aus. Erst im Laufe des Wochenendes ziehen sich die letzten Regenfälle zum Alpenrand zurück und es wird wieder trockener.
Die Ursache: Ein Tiefdrucktrog zieht über uns hinweg
Momentan sorgen zwei konkurrierende Wettersysteme für eine Zweiteilung des Wetters in Mitteleuropa: Ein Hoch mit Kern über Skandinavien beeinflusst den Nordosten und hält ihn weit gehend trocken. Über dem Südwesten dominiert hingegen eher tiefer Luftdruck mit feuchter Luft. Wo beide Blöcke aufeinander treffen, bilden sich kräftige Schauer und Gewitter. Diese Luftmassengrenze verläuft ungefähr auf einer Linie zwischen dem Norden Nordrhein-Westfalens und Niederbayern. Zum ersten Mai hin wird es dagegen interessant, denn dann rauscht ein so genannter Tiefdrucktrog über uns hinweg. Im Gegensatz zu einem normalen Tief handelt es sich dabei nicht um ein abgeschlossenes Gebilde mit einem Zentrum, das von höherem Druck umschlossen ist. Stattdessen herrscht über größere Gebiete hinweg ein einheitlich niedriger Druck.
Diese Tröge entstehen oft, wenn der Jetstream zu mäandrieren beginnt und sich in diesem Fall nach Süden ausbeult. Dann werden feuchte und kalte Luftmassen arktischen Ursprungs über den Atlantik zu uns geführt. Kurz: Es wird kühl und regnet immer wieder. Womöglich verknüpft sich der Trog aber auch noch mit einem Tief über dem Mittelmeer und "zapft" dieses an, so dass es im Süden milder, aber auch noch feuchter werden kann. Die Entwicklung bleibt also spannend. Immerhin zieht der Trog rasch nach Osten ab und es deutet sich für nächste Woche erneut ein Hoch an.
Die Folgen: Endlich Regen
Der April war laut dem Deutschen Wetterdienst (DWD) der fünfte zu warme und trockene Monat in Folge – in der Rangliste seit 1881 belegt er bei den Durchschnittstemperaturen Platz 4. Die Pflanzen dankten dies mit einem Entwicklungsvorsprung von mehr als zwei Wochen verglichen mit dem langjährigen Mittel, doch bereitete ihnen langsam die zunehmende Trockenheit Stress: Der April blieb ein knappes Drittel unter seinem langjährigen Soll von 58 Litern Pro Quadratmeter. In Rheinland-Pfalz brachen an mehreren Orten sogar Waldbrände aus; im Saarland fiel in den ersten drei Wochen praktisch gar kein Regen.
Die teils kräftigen Niederschläge der letzten und kommenden Tage lindern also endlich die Trockenheit und versorgen die Vegetation mit dringend benötigtem Nass. Vor allem die Landwirtschaft leidet unter der Dürre, da gerade die Herbstsaaten wie Raps, Roggen oder Weizen jetzt Feuchtigkeit benötigen, um optimal zu wachsen – kein Wunder, dass sich die Klagen der Bauern aus allen Landesteilen mehren. Und auch die Flüsse führen Niedrigwasser, weshalb die Flussschiffe weniger Fracht laden können. Zum Wochenende entspannt sich aber auch dies, da gerade für den Alpenraum Dauerregen zu erwarten ist, der letztlich die Pegel in Donau und Rhein heben wird.
Die Aussichten: Verfrühte Eisheilige?
"Pankrazi, Servazi und Bonifazi sind drei frostige Bazi. Und zum Schluss fehlt nie die Kalte Sophie." So lautet eine alte Bauernregel, die sich auf die Eisheiligen vom 11. bis 15. Mai bezieht. Wie während der so genannten Schafskälte im Juni um den 11. Juni herum sollen diese Tage Kälte und schlechtes Wetter bringen – was die Landwirte bis heute fürchten, da es ihre Kulturen und Vieh trifft. Entstanden sind diese Bauernregeln aus der Beobachtung, dass zu diesen Zeiten sich in Mitteleuropa tatsächlich bestimmte Wettersingularitäten häufen: in diesem Fall Kaltlufteinbrüche aus Nordwesten, die arktische Luftmassen zu uns führen, wie es nun ab dem ersten Mai der Fall ist.
Dabei unterscheidet sich der Ablauf der Eisheiligen in Nord- und Süddeutschland, denn sie beginnen vor der Mittelgebirgsschwelle mit dem 11. Mai, dem Tag des Mamertus, während sie südlich davon erst mit dem 12. Mai einsetzen und bis zum 15. Mai, der kalten Sophie, andauern. Erklärt wird dies mit dem zeitlichen Ablauf des Kaltlufteinbruchs, der zuerst den Nordwesten erreicht und erst allmählich nach Südosten vordringt. Mitunter tritt dabei noch Nachtfrost auf, der empfindliche Kulturen wie Wein oder Obst schwer schädigen kann. Diese Singularitäten treten mit erhöhter Wahrscheinlichkeit auf; bei der Schafskälte liegt sie beispielsweise bei 90 Prozent, dass sie sich zwischen dem 4. und 20. Juni einstellt. Um die Sache zu verkomplizieren, muss man zudem die Gregorianische Kalenderreform berücksichtigen, bei dem zehn Tage verglichen mit dem vorher gebräuchlichen Julianischen Kalender gestrichen wurden, um den Kalender an das Sonnenjahr anzugleichen. Eigentlich fänden die wahren Eisheiligen also erst später statt: Die Namen der Heiligen blieben jedoch auf ihrem angestammten Platz "stehen" und wurden zehn Tage nach vorne verschoben. Pankratius war im Julianischen Kalender am 22. Mai, im Gregorianischen trifft er dagegen schon am 12. Mai ein. In der Wetterstatistik findet der Kaltlufteinbruch tatsächlich vor allem in der dritten und nicht der zweiten Maiwoche statt.
Die Ursachen für dieses regelhafte Verhalten sind nach wie vor unklar. Vermutlich sorgen langperiodische Schwingungsvorgänge in höheren Atmosphärenschichten für das Auftreten dieser Temperaturrückschläge. Zudem liegt ein Zusammenhang mit der jahreszeitlich bedingten, unterschiedlich starken Erwärmung von Land und Meer nahe: Während sich die Kontinente bereits relativ kräftig aufheizen konnten, bleiben die Ozeane noch unterkühlt, weil sie mehr Wärmeenergie speichern oder in latente Wärme – Wasserdampf – umwandeln. Das sorgt für eine dynamische Wetterentwicklung, während der sich ein Trog über Europa entwickelt – der letztlich die Kaltluft aus der Arktis heranführt. In den letzten Jahren zeichnet sich allerdings eine Abschwächung dieser Regelhaftigkeit ab, was wahrscheinlich mit der Erderwärmung zusammenhängt. So deuten Wetteraufzeichnungen an, dass die mitteleuropäischen Kaltlufteinbrüche rund um die Eisheiligen in der nahen Vergangenheit – also dem letzten und vorletzten Jahrhundert – häufiger und intensiver eingetreten sind als seit der Jahrtausendwende.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.