Square Kilometre Array: Meinung: Wie Deutschland ein Stück Zukunft verspielt
Das Square Kilometre Array (SKA) wird das internationale Radioteleskop des 21. Jahrhunderts. Seine hohe Empfindlichkeit, seine breite Wellenlängenabdeckung und seine Fähigkeit zur schnellen Durchmusterung großer Himmelsareale werden die bisherigen Grenzen der Beobachtungstechnik überwinden. Das Potenzial des SKA für die astronomische Forschung ist enorm. Doch die Bedeutung dieses Megaradioteleskops geht weit über den puren Erkenntnisgewinn hinaus.
Da ist zum einen die Wissenschaftsförderung. Die zahlreichen Antennen werden sich auf zwei Kontinente verteilen: Afrika und Australien. Damit bietet sich gerade Ländern, die wissenschaftlich noch nicht so sehr in Erscheinung getreten sind, die Chance, den Anschluss an die moderne internationale Forschung zu gewinnen.
Zum anderen ist der technische und wirtschaftliche Aspekt zu bedenken. Für den Bau des SKA sind Fortschritte in mehreren Schlüsseltechnologien erforderlich. Das beginnt bei der Energieversorgung: Die meisten Antennen werden in abgelegenen Wüsten- oder Steppengebieten errichtet, und zu ihrem Betrieb muss eine leistungsfähige, autarke Stromversorgung mittels Fotovoltaik- und Batteriesystemen gewährleistet sein. Dann müssen enorme Datenmengen – ein Vielfaches des heutigen Internetaufkommens – über Breitbandkabel transportiert werden. Neue Superrechner sind nötig, um diesen Datenwust zu verarbeiten. Spezielle Algorithmen müssen entwickelt werden, um quasi in Echtzeit die Spreu vom Weizen zu trennen, denn für ein langfristiges Speichern der Daten fehlen die Kapazitäten. Der Umgang mit "Big Data" und "Data-Mining" sind hier die Stichworte.
Leidtragende werden insbesondere die Universitäten in Deutschland sein
Alle diese Schlüsseltechnologien werden in modernen Gesellschaften schon bald eine sehr bedeutende Rolle spielen. Die Länder, die sich am SKA beteiligen, werden einen gewaltigen Startvorteil bei der Entwicklung solch zukunftsweisender Technologien haben. Wer nicht dabei ist, wird ein Stück Zukunft verpassen.
Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), aus der SKA-Organisation auszusteigen, nicht nachzuvollziehen. Gewiss, moderne Großforschungsprojekte müssen auf den Prüfstand. Aber eine solche Prüfung sollte alle Aspekte angemessen berücksichtigen.
Die Widersprüche in der BMBF-Entscheidung sind zahlreich. Es heißt, die deutschen Forschungsorganisationen hätten nichts dazu beigetragen, dass das SKA auf die so genannte Roadmap der zu priorisierenden Projekte gesetzt werde. Auf der anderen Seite haben diese Institutionen wiederholt nachgefragt, was zu tun sei, um auf diese Roadmap zu kommen – ohne Antwort vom BMBF zu erhalten. Des Weiteren stellt sich die Frage, wie das BMBF zur Aussage kommt, die Phase II des SKA würde 6,5 Milliarden Euro kosten. Bisher sind lediglich die Kosten für die Phase I quantifiziert, und zwar auf 650 Millionen Euro. Bereits in dieser ersten Ausbauphase wird das SKA das weltbeste Radioteleskop sein – und wichtige Bestandteile der auch für die Phase II bedeutsamen Infrastruktur schon enthalten. Und die Meinung, die Größe der Community, die man fördern würde, sei zu klein, wird widerlegt durch die Tatsache, dass unter den Autoren des aktuellen "SKA Science Book" deutsche Wissenschaftler die drittstärkste Fraktion stellen.
Das Kapital, das Deutschland für das SKA bereitgestellt hätte, wäre in ähnlicher Höhe wieder in Form von Aufträgen an deutsche Universitäten, Max-Planck-Institute und Unternehmen zurückgeflossen. Davon kann nun keine Rede sein. Denn das BMBF hatte selbst der Regelung zugestimmt, dass nur diejenigen Länder von Aufträgen profitieren, die sich am SKA beteiligen. Und selbst, wenn die Max-Planck-Gesellschaft Wege zu einer Finanzierung aus normalen Haushaltsmitteln finden sollte: Die großen Leidtragenden werden die Universitäten sein.
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