Schnee in den Alpen: Komplexe Unwetterlage im Anmarsch
Die Lage in den bayerischen und österreichischen Alpen gestaltet sich weiterhin schwierig – auch wenn am Freitag (11.1.) die Schneefälle an den Nordalpen etwas nachlassen. Doch der Deutsche Wetterdienst (DWD) warnt vor einer sehr komplexen Wetterlage, die in der Nacht von Samstag auf Sonntag die Alpen erreichen soll, so Guido Wolz, der Leiter der Regionalen Wetterberatung München des Deutschen Wetterdienstes. Ein kräftiges Tief über Skandinavien schickt weitere Ausläufer, die in höheren Lagen erneut für starke Schneefälle, unterhalb von 1000 Meter allerdings zeitweise auch Regen bringen soll – bevor dort erneut Schneefall einsetzt. Insgesamt erwartet der DWD bis Dienstag in hohen Staulagen einen weiteren Meter Neuschnee, in tieferen Lagen der Alpen fällt ein Teil der Niederschläge als Regen. Die Schneedecke werde dadurch zwar niedriger, sagt Wolz. Aber Gefahr drohe durch die Schneemassen auf Dächern. »Wenn es da reinregnet, wird das Gewicht erheblich zunehmen.« Dazu kommen schwere Sturmböen, weshalb es regional ebenfalls zu Schneeverwehungen kommen kann.
Dabei ist der Schneezuwachs der letzten Tage ohnehin schon rekordverdächtig. »Grob kann man sagen, dass diese Neuschneemengen selbst im klassischen Nordstau oberhalb von etwa 800 Meter Seehöhe statistisch gesehen nur alle 30 bis 100 Jahre vorkommen«, sagte beispielsweise Alexander Radlherr von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) in Wien in einer Mitteilung mit Blick auf Teile der österreichischen Alpen. Laut dem »Wetterkanal« von Jörg Kachelmann betragen die Schneehöhen in manchen Alpentälern auch unterhalb von 1000 Meter bereits bis zu einem Meter – für Januar ebenfalls bemerkenswerte Summen. Auf der Zugspitze hat sich die Schneehöhe seit dem 29.12. 2018 auf 3,25 Meter mehr als verdoppelt.
Das Lawinenrisiko ist in den bayerischen Alpen mit Ausnahme des Berchtesgadener Landes leicht zurückgegangen, meldet der Lawinenwarndienst Bayern. Mit den neuen Schneefällen soll die Gefahr aber wieder zunehmen. Kritisch ist unter anderem, dass die ergiebigen Neuschneedecken ohne größere Bindung auf ebenfalls mächtigen Altschneedecken liegen und sich schon bei geringer zusätzlicher Auflast lösen können. In höheren Lagen gebe es weiterhin umfangreiche windbedingte Triebschneeansammlungen, in denen störanfällige Zwischenschichten eingelagert sind, die sich nur schwer erkennen lassen und jederzeit abgehen können. »Wegen der möglichen großen Reichweiten von Lawinen erfordern Unternehmungen im Gebirge zurzeit besondere Vorsicht und überlegte Routenwahl«, so der Lawinenwarndienst. Auch in Österreich wurde das Lawinenrisiko vielerorts herabgesetzt. Aber: »Der Schneedeckenaufbau ist extrem labil, und Lawinen können ganz leicht ausgelöst werden«, betont Michael Butschek vom Lawinenwarndienst Salzburg laut Mitteilung. »Wir raten dringend von Fahrten im freien Gelände ab.« Am Sonntag folgt ein markanter Anstieg der Lawinengefahr, schreibt der Warndienst auf seiner Seite.
Neben Lawinen drohen zudem Bruchschäden an Gebäuden, so die ZAMG: »Bedrohlich könnte es für Gebäude werden, die nach der Schneelastnorm im Zeitraum 1983 bis 2006 gebaut wurden. Hier können die Normlasten in schneereichen Regionen überschritten werden. Speziell bei Flachdächern und Hallen ist hier Vorsicht geboten.« Entspannung ist erst ab Dienstagnachmittag in Sicht: Dann sollen die Schneefälle aufhören und zumindest längere Niederschlagspausen eintreten.
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