Thirty Meter Telescope: Konflikt um Riesenteleskop spitzt sich zu
Der Widerstand gegen den Bau des »Thirty Meter Telescope« (TMT) auf Hawaii reißt nicht ab. Seit mehr als einer Woche versuchen Demonstranten, die Zufahrtsstraße zum Mauna Kea zu blockieren, auf dessen Gipfel das riesige Teleskop gebaut werden soll. Derweil wird das milliardenschwere Prestigeprojekt – beteiligt sind Forschungseinrichtungen aus den USA, Kanada, China und Indien – in den Vereinigten Staaten mehr und mehr zum Politikum: Jüngst stellte sich sogar Elizabeth Warren, die bei den nächsten Präsidentschaftswahlen gegen Donald Trump antreten will, hinter die Gegner des TMT.
Mauna Kea is sacred to Native Hawaiian people. The Hawaiians who have been protesting construction of the Thirty Meter Telescope are trying to protect a sacred site from further desecration. I stand in solidarity with them. #TMThttps://t.co/uInzGrrQp6
— Elizabeth Warren (@ewarren) July 23, 2019
Nachkommen der Ureinwohner Hawaiis demonstrieren seit zwei Jahrzehnten gegen neue Teleskope auf dem Mauna Kea. Dort stehen bereits eine ganze Reihe von Observatorien. Aus Sicht der hawaiianischen Kultur ist der Gipfel des 4200-Meter-Bergs jedoch heiliger Boden. Unterstützt werden die Demonstranten mittlerweile von einer wachsenden Zahl sympathisierender Aktivisten. Für manche von ihnen ist das Projekt schlicht ein Symbol für den Umgang der US-Behörden mit bedrohten Kulturen.
2014 hatten die Gegner des TMT einen Baustopp erwirkt, die Planer des Teleskops mussten erneut eine Baugenehmigung einholen. Im Oktober 2018 bestätigte ein Gericht das Projekt. Im Juni 2019 kündigte Hawaiis Gouverneur David Ige dann für Mitte Juli den Beginn der Bauarbeiten an.
Rückhalt in der Bevölkerung
Nach Einschätzung hawaiianischer Medien hat das TMT an und für sich großen Rückhalt in der Bevölkerung: Die Telefonumfrage einer Tageszeitung unter 800 Bürgern hatte 2018 ergeben, dass knapp 80 Prozent der Befragten das Projekt befürworten. Doch mit der Blockade der Zufahrtsstraße hat der Konflikt einen neuen Höhepunkt erreicht. Laut »New York Times« demonstrieren TMT-kritische Aktivisten mittlerweile auch in Festlandstädten, darunter Las Vegas. Landesweit berichten Fernsehsender über die Proteste.
Junge Astronomen haben derweil eine Online-Petition gestartet, die ihre TMT-Kollegen zum Innehalten auffordert – und für eine friedliche Herangehensweise und eine Lösung mit Augenmaß plädiert. Anlass dazu war unter anderem die Entsendung unbewaffneter Mitglieder der Nationalgarde gewesen sowie mehrere Dutzende Festnahmen. 146 TMT-Astronomen und rund 900 andere Wissenschaftler haben den Aufruf mittlerweile unterschrieben.
Das Thirty Meter Telescope ist eines von drei Riesenteleskopen, die im kommenden Jahrzehnt auf der Erde gebaut werden sollen. Es steht in Konkurrenz zum ebenfalls US-geführten Giant Magellan Telescope und dem europäischen Extremely Large Telescope, deren Bauarbeiten in Chile bereits begonnen haben.
Durch die Proteste ist das TMT stark ins Hintertreffen geraten: Im besten Fall könnte es in zehn Jahren fertig sein, sagen beteiligte Forscher. Sollte sich der Bau auf Hawaii weiter verzögern, käme ein Standortwechsel in Frage. Vor einigen Jahren loteten die Astronomen aus, ob sich das 30-Meter-Teleskop auch auf der Kanareninsel La Palma bauen ließe. Hawaiis Gouverneur David Ige hat nun angekündigt, dass der ortsansässige Bürgermeister mit den Demonstranten verhandeln soll – ob das den Widerstand auflösen kann, ist offen.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.