Naturschutz: Kontraproduktiv?
Angesichts schwindender Lebensräume für seltene und dadurch bedrohte Arten, betätigen sich Naturschützer weltweit als Landkäufer - um ihren Sorgenkindern letzte Fleckchen ungestörter Heimat zu sichern. Wer dabei aber die Gesetze des Marktes außen vor lässt, schadet womöglich mehr als er hilft.
Mindestens zehn Prozent der Landesfläche von Deutschland sollen laut Naturschutzgesetz einst einmal die biologische Vielfalt sichern helfen: Ein Netzwerk aus Schutzgebieten verschiedener Kategorien ist vorgesehen, um bedrohten Arten Lebensraum und Zuflucht zu bieten. Derzeit genießen gerade einmal 2,6 Prozent der Landesfläche den strengen Status eines Naturschutzgebietes. Der Staat allein, so scheint es, tut nicht genug für gefährdete Tiere und Pflanzen.
So wurden viele Naturschutzorganisationen selbst aktiv und betätigen sich als Landkäufer, um bedrohte Lebensräume und ihre Bewohner vor der Zerstörung zu retten. Welche Ausmaße das annehmen kann, demonstriert die amerikanische Vereinigung "Nature Conservancy": In den letzten fünfzig Jahren hat die Organisation allein in den USA über 6,5 Millionen Hektar Privatland aufgekauft und dafür etwa sechs Milliarden US-Dollar ausgegeben. Weltweit kommt noch einmal das Sechsfache an Ländereien dazu. Ein Glück, dass es solche Investoren gibt, werden viele Naturschutz-Interessierte denken.
So werden viele Gebiete aufgekauft, weil sie besonders artenreich sind oder ursprünglichen Lebensraum bieten. Welchen ökologischen Wert das jeweilige Umland bietet, berücksichtigen die Landinteressierten dagegen viel zu selten oder sogar überhaupt nicht, kritisieren die Wissenschaftler. Dabei können diese Flächen eine entscheidende Rolle spielen – häufig in privatem Besitz und naturbelassen, dienen sie nicht selten als wichtige Pufferregion, in der sich so manche gefährdete Art durchaus wohl fühlt. Gehen diese Streifen verloren, wiegt der Verlust manchmal erheblich schwerer als der Gewinn des frisch erstandenen Schutzgebietes.
Entsprechend bedeutend ist daher das Verhältnis von Angebot und Nachfrage: Drängen Naturschützer mit ihrem Anliegen in einen schon engen Grundstücksmarkt, klettern für alle Beteiligten die Preise. Das macht es nicht nur für die Organisationen selbst schwieriger, in Zukunft mit ihren knappen Budgets dort noch nachlegen zu können. Die Nachbarschaft zu geschütztem und damit auch für andere wertvollem Gebiet lockt zudem Investoren an, die davon profitieren wollen – und verleitet Privatbesitzer dazu, ihren möglicherweise wiederum aus Naturschutzsicht interessanten, nun aber sehr einträglichen Grund und Boden zu verkaufen. Die so wichtigen Lebensräume rund um das eigentliche Schutzgebiet können so unerwartet zu Bauland degradieren: Es wohnt sich doch so schön mit Blick auf den Naturpark.
Kein leichtes Abwägen, das Nature Conservancy und Co damit auf den Schreibtisch flattert. Und dabei hatten die Forscher so manchen Aspekt noch gar nicht berücksichtigt: die Bevölkerungsdynamik beispielsweise, oder auch die Tatsache, dass sich Fakten mit der Zeit ändern – eine heutige Entscheidung kann morgen längst hinfällig sein, weil sich andere Bedingungen auftun. Ebenfalls außen vor ließen die vier Wissenschaftler Konzepte, die auf naturverträgliche Nutzung in und um gefährdete Gebiete setzen – ein durchaus beliebtes und erfolgreiches Mittel im Naturschutz.
"Die Nachfrage nach Flächen für Naturschutz verändert Angebot und Nachfrage des Grundstückmarktes", machen die Autoren deutlich. Damit sollten als Grundlage für Landerwerb durch entsprechende Organisationen eben nicht nur das Arteninventar oder die Ursprünglichkeit des Lebensraumes dienen, sondern auch ganz banale wirtschaftliche Kosten-Nutzen-Rechnungen. Sonst könnte eine per se positive Aktion ausgesprochen kontraproduktive Folgen entwickeln.
So wurden viele Naturschutzorganisationen selbst aktiv und betätigen sich als Landkäufer, um bedrohte Lebensräume und ihre Bewohner vor der Zerstörung zu retten. Welche Ausmaße das annehmen kann, demonstriert die amerikanische Vereinigung "Nature Conservancy": In den letzten fünfzig Jahren hat die Organisation allein in den USA über 6,5 Millionen Hektar Privatland aufgekauft und dafür etwa sechs Milliarden US-Dollar ausgegeben. Weltweit kommt noch einmal das Sechsfache an Ländereien dazu. Ein Glück, dass es solche Investoren gibt, werden viele Naturschutz-Interessierte denken.
"Naturschutzbemühungen können manchmal mehr Schaden anrichten als nutzen"
(Paul Armsworth et al.)
Doch Flächenkauf kann zum zweischneidigen Schwert werden, warnen Paul Armsworth von der Universität Sheffield und Gretchen Daily von der Universität Stanford. Die beiden Ökologen hatten sich mit Peter Kareiva von Nature Conservancy und dem Wirtschaftswissenschaftler James Sanchirico zusammengesetzt und die Folgen von Landerwerb zu Naturschutzzwecken genau durchgerechnet. Ihre Ergebnisse raten dringend dazu, vor dem Kauf eines Grundstücks dessen Umfeld und die Auswirkungen auf den jeweiligen Markt unbedingt zu analysieren. Denn: "Naturschutzbemühungen können manchmal mehr Schaden anrichten als nutzen", sagen die Forscher. (Paul Armsworth et al.)
So werden viele Gebiete aufgekauft, weil sie besonders artenreich sind oder ursprünglichen Lebensraum bieten. Welchen ökologischen Wert das jeweilige Umland bietet, berücksichtigen die Landinteressierten dagegen viel zu selten oder sogar überhaupt nicht, kritisieren die Wissenschaftler. Dabei können diese Flächen eine entscheidende Rolle spielen – häufig in privatem Besitz und naturbelassen, dienen sie nicht selten als wichtige Pufferregion, in der sich so manche gefährdete Art durchaus wohl fühlt. Gehen diese Streifen verloren, wiegt der Verlust manchmal erheblich schwerer als der Gewinn des frisch erstandenen Schutzgebietes.
Entsprechend bedeutend ist daher das Verhältnis von Angebot und Nachfrage: Drängen Naturschützer mit ihrem Anliegen in einen schon engen Grundstücksmarkt, klettern für alle Beteiligten die Preise. Das macht es nicht nur für die Organisationen selbst schwieriger, in Zukunft mit ihren knappen Budgets dort noch nachlegen zu können. Die Nachbarschaft zu geschütztem und damit auch für andere wertvollem Gebiet lockt zudem Investoren an, die davon profitieren wollen – und verleitet Privatbesitzer dazu, ihren möglicherweise wiederum aus Naturschutzsicht interessanten, nun aber sehr einträglichen Grund und Boden zu verkaufen. Die so wichtigen Lebensräume rund um das eigentliche Schutzgebiet können so unerwartet zu Bauland degradieren: Es wohnt sich doch so schön mit Blick auf den Naturpark.
"Die Nachfrage nach Flächen für Naturschutz verändert Angebot und Nachfrage des Grundstückmarktes"
(Paul Armsworth et al.)
Es macht also Sinn zu prüfen, ob andere Landinteressierte rund um ein anvisiertes Schutzgebietsprojekt in nahe Regionen ausweichen könnten – so ließe sich preistreibende und ebenfalls ökologisch wertvolle Flächen gefährdende Konkurrenz vermeiden. Manchmal bietet sich auch die hoffnungsvolle Option, bereits bestehende Baugebiete aufzuwerten, statt gänzlich neue zu schaffen. Je begrenzter jedenfalls das Grundstücksangebot an sich ist, desto stärker wächst die Gefahr, dass gleichsam wichtiges Refugium in Privathand verloren geht. In solchen Fällen könnte es aus naturschutz-wirtschaftlicher Sicht sinnvoller sein, auf andere Projekte auszuweichen, in deren Rahmen für dasselbe Geld mehr Fläche zu erstehen ist. (Paul Armsworth et al.)
Kein leichtes Abwägen, das Nature Conservancy und Co damit auf den Schreibtisch flattert. Und dabei hatten die Forscher so manchen Aspekt noch gar nicht berücksichtigt: die Bevölkerungsdynamik beispielsweise, oder auch die Tatsache, dass sich Fakten mit der Zeit ändern – eine heutige Entscheidung kann morgen längst hinfällig sein, weil sich andere Bedingungen auftun. Ebenfalls außen vor ließen die vier Wissenschaftler Konzepte, die auf naturverträgliche Nutzung in und um gefährdete Gebiete setzen – ein durchaus beliebtes und erfolgreiches Mittel im Naturschutz.
"Die Nachfrage nach Flächen für Naturschutz verändert Angebot und Nachfrage des Grundstückmarktes", machen die Autoren deutlich. Damit sollten als Grundlage für Landerwerb durch entsprechende Organisationen eben nicht nur das Arteninventar oder die Ursprünglichkeit des Lebensraumes dienen, sondern auch ganz banale wirtschaftliche Kosten-Nutzen-Rechnungen. Sonst könnte eine per se positive Aktion ausgesprochen kontraproduktive Folgen entwickeln.
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