Tropenkrankheiten: Konzertierte Aktion an der Basis
Kombinierte Schläge vervielfachen die Erfolgschancen gegen Krankheitsüberträger - gut, dass neue Schlaginstrumente und Schwachstellen bei Malariaüberträger und Co entdeckt werden.
Gelbfieber, Malaria und Filariose wollen Forscher schon lange nicht nur gut behandeln, sondern lieber gleich ganz verhindern. Ansatzpunkt ist dabei eine Achillesferse der verantwortlichen Schmarotzer – ihr komplizierter und für sie gefahrvoller Übertragungsweg per blutsaugendem Insekt. Parasitentragende Mücken zu töten, bevor sie überhaupt stechen und Krankheitserreger übertragen, würde tatsächlich mehrere Übel mit einer Klappe schlagen. Der Teufel steckt allerdings im Detail: Mücken wären schließlich lange nicht so nervend, wenn sie so einfach umzubringen wären.
Im Gegenteil, Mücken sind extrem widerstandsfähig. Das zeigte sich nicht erst, nachdem Mengen von Insektiziden zwar die tropische Umwelt vergiftet hatten, dabei aber oft nur neue Populationen von nun resistenten und daher noch gefährlicheren Plagegeistern herausselektierten. Auch eine Art freundliche Übernahme der Mückenvölker ist noch zu kompliziert, um nicht zu scheitern: Gentechnisch veränderte Mückenstämme, die zum Beispiel bestimmte Erreger nicht mehr übertragen konnten, setzten sich im Freiland nie gegen die althergebrachten Wildtypen durch, die sie eigentlich nach und nach hätten verdrängen sollen.
Trotzdem geben Biologen den Plan nicht auf, die Mückengemeinschaft zu schwächen, um die Chancen der durch sie transportierten Parasiten zu verschlechtern und so am Ende das Risiko der von Malaria und Co bedrohten Menschen zu minimieren. Ein solcher Plan kreist etwa um das Bakterium Wolbachia, einen Keim, der viele Insektenspezies unterwandert. Die Variante "wMelPop" von Wolbachia pipientis etwa reduziert die Lebensspanne von Taufliegen und dem Gelbfieberüberträger Aedes aegypti gleichermaßen, wie Laborexperimente belegt haben. Steven Sinkins von der University of Oxford und seine Kollegen haben sich nun genauer angeschaut, wie und wo der effiziente Wolbachiastamm in die Mückenbiologie eingreift – und ob dies ausgenutzt werden könnte, um dem Parasitenvektor auch unter natürlichen Bedingungen den Zahn zu ziehen.
Ihre genetischen Untersuchungen zeigten schnell, dass Wolbachia sich nicht etwa unter dem Radarschirm der Moskitoabwehr hindurchschummelt – eher im Gegenteil: Infizierte Aedes-Insekten aktivierten knapp 200 Gene stärker als zuvor, von denen fast die Hälfte irgendwie mit dem Immunsystem zu tun haben [1]. Offenbar kurbelt der Parasit die Mückenabwehr massiv an, ohne davon selbst betroffen zu sein.
Für Insekten scheint die Infektion mit wMelPop-Wolbachia aus diesem Grund sogar positive Nebeneffekte zu haben. So verhindert das überaktive Abwehrsystem zum Beispiel einige Virusinfektionen, wie Experimente an Taufliegen gezeigt hatten. Sinkins und Co beobachteten zudem, dass auch parasitische Fadenwürmer, die die Mücken als Taxi und Zwischenstation zum menschlichen Endwirt nutzen wollen, von dem unter Wolbachia-Einfluss hochregulierten Immunsystem niedergehalten werden. Die Kehrseite der Medaille für die Insekten: Die ständige Abwehrbereitschaft fordert derart viel Energie, dass die infizierten Tiere im Durchschnitt nur halb so lang leben wie ihre Artgenossen.
Demnach, so Sinkins und Kollegen, schadet Wolbachia den Blutsaugern und nützt gleichzeitig den Medizinern auf zweierlei Weise: Zum einen bremst er die Entwicklung von Parasiten in der Mücke, zum anderen verkürzt er das Leben der Blutsauger deutlich. Gerade das sollte epidemiologisch nicht unterschätzt werden, denn viele Parasiten, etwa viele der beim Menschen Filariose auslösenden Nematoden, benötigen eine lange Reifezeit im Insekt, bevor sie unsereins infizieren können. Sie kommen daher auch meist nur bei älteren Mücken vor – die aber immer seltener werden, wenn Wolbachia die Lebenserwartung in durchseuchten Moskitopopulationen senkt.
Resistente Mücken, so zeigten die Forscher mit kombinierten RNAi-Studien und Genommapping, sind umso widerstandsfähiger gegen den Malariaverwandten Plasmodium berghei, je stärker TEP1 in den Zellen produziert wird. Dabei liegen die Gene für den Faktor nicht einmal in der Region, die schon zuvor als resistenzvermittelnder Bereich im Mückenerbgut beschrieben wurde. Einmal gebildet, paart sich TEP1 mit zwei anderen Proteinen, bindet an die Parasiten und tötet sie. Umgekehrt werden Mücken deutlich anfälliger für Plasmodien, wenn die Bildung des Resistenzproteins verhindert wird, wie andere Forscher schon gezeigt hatten.
Bleibt die Frage danach, warum sich nicht einfach alle Mücken im Lauf der Evolution mit TEP1 gegen Parasiten gewappnet haben – auch hier, so darf man annehmen, lauert wohl ein Nachteil, den das verbesserte Antischmarotzerprogramm mit sich bringt. Und auch hier könnte man in Zukunft – so weit sind die Forscher allerdings längst noch nicht – darüber nachdenken, den Vorteil der besseren Parasitenbekämpfung durch TEP1 auszunutzen, um Malariaresistenz bei Mücken zu fördern. Würde das irgendwelche Nachteile für die Mücken nach sich ziehen – die infektionsbedrohte Menschheit dürfte es kaum bedauern. Außer natürlich, wenn dann am Ende nur die Mücken übrig bleiben, die sich gar nicht per TEP1 gegen Plasmodien wehren können – was es zu verhindern gälte.
Ein nicht gerade überraschendes, aber bedenkenswertes Fazit – je mehr auf die Mücken einprasselt, desto größer auch die Probleme ihrer schmarotzenden Insassen. Bleibt zu hoffen, dass das vielseitige Arsenal durch einsatzbereite Wolbachia-Varianten oder das Wissen um die Ursachen hinter einer TEP1-Aktivierung baldmöglichst ergänzt wird. Allein an Malaria stirbt weiterhin alle 30 Sekunden ein Kind, zumeist in Afrika.
Im Gegenteil, Mücken sind extrem widerstandsfähig. Das zeigte sich nicht erst, nachdem Mengen von Insektiziden zwar die tropische Umwelt vergiftet hatten, dabei aber oft nur neue Populationen von nun resistenten und daher noch gefährlicheren Plagegeistern herausselektierten. Auch eine Art freundliche Übernahme der Mückenvölker ist noch zu kompliziert, um nicht zu scheitern: Gentechnisch veränderte Mückenstämme, die zum Beispiel bestimmte Erreger nicht mehr übertragen konnten, setzten sich im Freiland nie gegen die althergebrachten Wildtypen durch, die sie eigentlich nach und nach hätten verdrängen sollen.
Trotzdem geben Biologen den Plan nicht auf, die Mückengemeinschaft zu schwächen, um die Chancen der durch sie transportierten Parasiten zu verschlechtern und so am Ende das Risiko der von Malaria und Co bedrohten Menschen zu minimieren. Ein solcher Plan kreist etwa um das Bakterium Wolbachia, einen Keim, der viele Insektenspezies unterwandert. Die Variante "wMelPop" von Wolbachia pipientis etwa reduziert die Lebensspanne von Taufliegen und dem Gelbfieberüberträger Aedes aegypti gleichermaßen, wie Laborexperimente belegt haben. Steven Sinkins von der University of Oxford und seine Kollegen haben sich nun genauer angeschaut, wie und wo der effiziente Wolbachiastamm in die Mückenbiologie eingreift – und ob dies ausgenutzt werden könnte, um dem Parasitenvektor auch unter natürlichen Bedingungen den Zahn zu ziehen.
Ihre genetischen Untersuchungen zeigten schnell, dass Wolbachia sich nicht etwa unter dem Radarschirm der Moskitoabwehr hindurchschummelt – eher im Gegenteil: Infizierte Aedes-Insekten aktivierten knapp 200 Gene stärker als zuvor, von denen fast die Hälfte irgendwie mit dem Immunsystem zu tun haben [1]. Offenbar kurbelt der Parasit die Mückenabwehr massiv an, ohne davon selbst betroffen zu sein.
Für Insekten scheint die Infektion mit wMelPop-Wolbachia aus diesem Grund sogar positive Nebeneffekte zu haben. So verhindert das überaktive Abwehrsystem zum Beispiel einige Virusinfektionen, wie Experimente an Taufliegen gezeigt hatten. Sinkins und Co beobachteten zudem, dass auch parasitische Fadenwürmer, die die Mücken als Taxi und Zwischenstation zum menschlichen Endwirt nutzen wollen, von dem unter Wolbachia-Einfluss hochregulierten Immunsystem niedergehalten werden. Die Kehrseite der Medaille für die Insekten: Die ständige Abwehrbereitschaft fordert derart viel Energie, dass die infizierten Tiere im Durchschnitt nur halb so lang leben wie ihre Artgenossen.
Demnach, so Sinkins und Kollegen, schadet Wolbachia den Blutsaugern und nützt gleichzeitig den Medizinern auf zweierlei Weise: Zum einen bremst er die Entwicklung von Parasiten in der Mücke, zum anderen verkürzt er das Leben der Blutsauger deutlich. Gerade das sollte epidemiologisch nicht unterschätzt werden, denn viele Parasiten, etwa viele der beim Menschen Filariose auslösenden Nematoden, benötigen eine lange Reifezeit im Insekt, bevor sie unsereins infizieren können. Sie kommen daher auch meist nur bei älteren Mücken vor – die aber immer seltener werden, wenn Wolbachia die Lebenserwartung in durchseuchten Moskitopopulationen senkt.
Die Gene von Blutsaugern fanden auch Lars Steinmetz vom European Molecular Biology Laboratory in Heidelberg und seine Kollegen spannend – und zwar besonders die Erbgutfaktoren von Anopheles gambiae, dem üblichen Malariavektor, die gegenüber einer Parasiteninfektion resistent sind. Dabei entdeckten sie nun eine womöglich ziemlich viel versprechende Waffe namens TEP, einem Anopheles-Gen, das die Bauanleitung für das antiparasitär wirkende Eiweiß Thioester-containing Protein 1 enthält [2]. Offenbar scheint die An- oder Abwesenheit dieses Proteins darüber zu entscheiden, ob von Malaria-Parasiten geenterte Mücken die Infektion niederkämpfen können oder sich ihr beugen müssen.
Resistente Mücken, so zeigten die Forscher mit kombinierten RNAi-Studien und Genommapping, sind umso widerstandsfähiger gegen den Malariaverwandten Plasmodium berghei, je stärker TEP1 in den Zellen produziert wird. Dabei liegen die Gene für den Faktor nicht einmal in der Region, die schon zuvor als resistenzvermittelnder Bereich im Mückenerbgut beschrieben wurde. Einmal gebildet, paart sich TEP1 mit zwei anderen Proteinen, bindet an die Parasiten und tötet sie. Umgekehrt werden Mücken deutlich anfälliger für Plasmodien, wenn die Bildung des Resistenzproteins verhindert wird, wie andere Forscher schon gezeigt hatten.
Bleibt die Frage danach, warum sich nicht einfach alle Mücken im Lauf der Evolution mit TEP1 gegen Parasiten gewappnet haben – auch hier, so darf man annehmen, lauert wohl ein Nachteil, den das verbesserte Antischmarotzerprogramm mit sich bringt. Und auch hier könnte man in Zukunft – so weit sind die Forscher allerdings längst noch nicht – darüber nachdenken, den Vorteil der besseren Parasitenbekämpfung durch TEP1 auszunutzen, um Malariaresistenz bei Mücken zu fördern. Würde das irgendwelche Nachteile für die Mücken nach sich ziehen – die infektionsbedrohte Menschheit dürfte es kaum bedauern. Außer natürlich, wenn dann am Ende nur die Mücken übrig bleiben, die sich gar nicht per TEP1 gegen Plasmodien wehren können – was es zu verhindern gälte.
Sicherlich sinnvoll ist und bleibt ein Kampf mit verschiedenen Waffen an mehreren Fronten, um die blutsaugenden Vektoren und ihre bedrohliche Fracht vom Menschen fern zu halten. Ein sehr einfaches Mittel ist dabei übrigens eines der Erfolg versprechensten: Das Moskitonetz. Und eben vor allem, wie Penelope Hancock from Imperial College London vorrechnet, wenn es mit anderen Maßnahmen kombiniert wird [3]. Zum Beispiel mit althergebrachten Insektiziden, die auf die Netze gesprüht werden – oder dem Einsatz einer Variante der zuletzt recht viel versprechenden entomopathogenen Pilze, die Moskitos töten oder ihre Fitness zumindest so weit herabsenken, dass sie seltener erfolgreich an ihrem menschlichen Wirt saugen.
Ein nicht gerade überraschendes, aber bedenkenswertes Fazit – je mehr auf die Mücken einprasselt, desto größer auch die Probleme ihrer schmarotzenden Insassen. Bleibt zu hoffen, dass das vielseitige Arsenal durch einsatzbereite Wolbachia-Varianten oder das Wissen um die Ursachen hinter einer TEP1-Aktivierung baldmöglichst ergänzt wird. Allein an Malaria stirbt weiterhin alle 30 Sekunden ein Kind, zumeist in Afrika.
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