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Kooperation im Tierreich: Kraken und Fische jagen im Team

Bei der gemeinsamen Jagd zeigen Oktopusse und Fische ein erstaunlich komplexes Verhalten. Das ist nicht selbstverständlich für artübergreifende Kooperation und untermauert unter anderem die hohe soziale Intelligenz von Kopffüßern.
Krake und Fisch kooperieren miteinander
Octopus cyanea beim Beutefang mit einer Gelbsattel-Meerbarbe zur Linken und einem Baskenmützen-Zackenbarsch zur Rechten.

Gemeinschaftliches Jagen oder andere Arten der Kooperation sind im Tierreich weit verbreitet. Individuelle Unterschiede, etwa in der genetischen Ausstattung, entscheiden dabei über die jeweilige Rolle, die jedes Mitglied der Gruppe einnimmt. Solche Dynamiken sind bei Tieren derselben Art recht gut erforscht – man denke nur an Insektengemeinschaften.

Weniger bekannt ist hingegen, wie Lebewesen unterschiedlicher evolutionärer Abstammung miteinander kooperieren. Ein Beispiel hierfür ist die gemeinsame Jagd von Kraken (Weichtieren) und Fischen (Wirbeltieren) nach Krustentieren. Bislang nahm man an, Erstere würden hierbei klar die Führung übernehmen, und die Fische folgen. Ein Team um Eduardo Sampaio und Simon Gingins vom Max-Planck Institut für Verhaltensbiologie in Konstanz fand nun heraus, dass die Mechanismen bedeutend komplexer sind. Ihre Ergebnisse untermauern die hohe soziale Kognition der Kopffüßer und sind im Journal »Nature Ecology & Evolution« veröffentlicht.

Die Forscherinnen und Forscher führten eine Tauchexpedition im Roten Meer durch und studierten das Verhalten von insgesamt 13 jagenden Kraken-Fisch-Gruppen (siehe Video). Bei den Oktopussen handelte es sich um Große Blaue Kraken (Octopus cynea). Ihre Jagdgenossen waren hauptsächlich Zackenbarsche und Barben. In insgesamt 120 Stunden Tauchgängen sammelten die Fachleute Videoaufnahmen von 107 Subgruppen. Bei der Analyse interessierten sie sich vor allem für bestimmte Bewegungsmuster: Initiierten einzelne Tiere eine Bewegung, der ihre Gruppenmitglieder folgten? Wie reagierte die Gruppe, wenn ein Individuum abrupt zurückblieb?

Vor allem Barben, aktive Prädatoren, die ihre Beute in die Enge treiben, spezialisierten sich auf die Erkundung der Umgebung – sie entschieden, wohin sich das Jagdrudel bewegte. Der Oktopus hingegen bestimmte, ob und wann der Beutezug stattfand. Das heißt: Wenn er nicht folgte, neigten die Fische dazu, ebenfalls anzuhalten und umzukehren. Der Krake übernahm also die »Ankerrolle«. Die Autoren erklären das mit seiner Fähigkeit, mit seinen flexiblen Tentakeln sonst unzugängliche Beute aufzuspüren – dadurch bestehe eine starke Abhängigkeit der Fische zu ihm. Es wurden auch aggressive Kontrollmechanismen zwischen den Gruppenmitgliedern beobachtet, darunter Kraken, die Fische durch Schläge in die äußeren Bereiche der Gemeinschaft drängten.

© Nadja Geiger, Cluster of Excellence Collective Behaviour
Auf Tauchstation

Wie genau profitieren nun die Parteien von dieser Zweckgemeinschaft? Um das zu untersuchen, platzierten Gingins und seine Kollegen leere sowie mit Futter gefüllte Behälter in der Nähe der Kraken. Das Resultat: Sie nahmen sich mit gleicher Wahrscheinlichkeit leere und gefüllte Dosen vor – aber fast immer nur solche, die zuvor von Fischen attackiert worden waren. Die Kraken holten also aktiv soziale Informationen von den Fischen ein, um beuteorientierte Entscheidungen zu treffen. Insbesondere Barben dienten ihnen hierbei als »erweitertes sensorisches System«. Der Oktopus wiederum lotste Fische zu Beuteobjekten. Die gemeinsame Anstrengung führte für alle beteiligten Arten zu einem höheren Jagderfolg.

Die gezeigte Verhaltensbandbreite deutet laut den Autoren darauf hin, dass Kraken über (heterospezifische) soziale Kompetenz und Kognition verfügen. Zwar seien andere Formen gemischter Jagdgesellschaften bekannt – wie Dachs-Koyoten- oder Muränen-Buntbarsch-Gruppen –, diese scheinen jedoch hinsichtlich ihres Verhaltens weniger flexibel zu sein.

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