Entscheidungsfindung: Kopfstöße erleichtern Bienen schwere Entscheidungen
Für eine ergiebige Futterquelle werben Bienenkundschafter im Stock bekanntermaßen choreografisch: Mit dem Schwänzeltanz informieren sie Nestgenossen über Lage und Ergiebigkeit eines guten Fundes. Was aber geschieht, wenn gleich zwei Scouts unterschiedliche, aber identisch ertragreiche und gleich entfernte Ziele bewerben? Tom Seeley von der Cornell University in Ithaca haben das in einem Schwarm getestet und entdeckt, dass die von ihrer Sache überzeugten Scouts konkurrierende Meinungen mit Kopfstößen zum Schweigen bringen.
Der Schwarm arbeitet damit ähnlich wie ein Neuronennetzwerk mit erregenden und hemmenden Signalen gleichermaßen, erklären die Forscher – was insbesondere knappe Entscheidungen deutlich beschleunigt. Die hemmenden Kopfstöße hatten Bienenforscher bislang allerdings neben den lang bekannten, erregenden Tanzschritten übersehen – vielleicht, weil sie nur dann häufig auffallen, wenn der seltene Fall eintritt, dass zwei nahezu gleichwertige Möglichkeiten zur Wahl stehen und sich gefährlich lange neutralisieren könnten. Ein solches Szenario hatten die Forscher jetzt künstlich provoziert, indem sie ein zum Gründen einer neuen Kolonie bereites Bienenvolk auf einer Insel aussetzten und ihm zwei gleich weit entfernte, sonst identische neue Unterschlupfmöglichkeiten anboten.
Scoutbienen, die nach dem erfolgreichen Auskundschaften eines der beiden Ziele zum Volk zurückkehrten, markierten die Forscher nun mit gelben oder violetten Punkten. Wie erwartet begannen beide Gruppen von Kundschaftern mit dem Schwänzeltanz, um ihren Schwarmgenossen den jeweiligen Fund anzupreisen. Nach einer gewissen Zeit stoppten einzelne der gelben oder violetten Scouts aber nach und nach ihren Tanz und begannen stattdessen damit, selektiv die noch tanzenden Kundschafter der gegnerischen Farbe mit einem kurzen Kopfstoß zu traktieren. Die angestupsten Bienen beendeten dann den Tanz innerhalb von Sekunden.
Dies potenzierte zufällig auftretende Übergewichte einer der beiden Parteien und sorgte am Ende dafür, dass sich eine der gleichstarken Fraktionen schneller durchsetzte, als es bei einem allein durch Schwänzeltanzwerbung herbeigeführten Quorum der Fall gewesen wäre, zeigten anschließende Computersimulationen der Wissenschaftler.
Die eigentliche Wirkung des Stoppsignals auf die schwänzeltanzenden Bienen ist noch nicht gut untersucht. Typischerweise folgt eine Bienen einem Tänzer zunächst über mehrere Tanzzyklen, um ihn dann plötzlich mit dem Kopf voraus anzuspringen und ein bis zwei Stöße zu verteilen, wobei möglicherweise ein Vibrationssignal weitergegeben wird. Die überwiegende Mehrzahl der so angestupsten Bienen stoppte ihr Schwänzeln jedenfalls und mischte sich verstummt unter das passive Volk.
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