Radioastronomie: Kosmische Chemie unter der Lupe
Zum Nachweis von Molekülen im Weltall, beispielsweise Alkohol oder Zucker, untersucht man die Radiofrequenzen einer Region. In diesem Bereich des elektromagnetischen Spektrums emittieren oder absorbieren Moleküle für sie charakteristische Wellenlängen. Um chemische Verbindungen identifizieren zu können, ist es notwendig, diese charakteristischen Wellenlängen bereits zu kennen. Üblicherweise werden sie aus theoretischen Rechnungen ermittelt, die auf der Quantenmechanik der Rotationen und Vibrationen der Moleküle basieren.
Allerdings gibt es in jedem Spektrum zahlreiche unbekannte Linien, welche die Analyse erschweren. Forscher vermuten, dass diese Linien von niedrig angeregten Vibrationszuständen von relativ wenigen Molekülen stammen. Die Berechnungen werden hier allerdings sehr komplex, auch weil sich die Spektrallinien abhängig von der Temperatur ändern.
Das Team um Fortman schlägt stattdessen einen Vergleich der Spektrallinien mit experimentellen Daten vor. Im Labor nahmen die Wissenschaftler die Spektren verschiedener Moleküle bei 100 bis 1000 verschiedenen Temperaturen auf. Daraus ergab sich ein Modell des gesamten Spektralverhaltens eines Moleküls. Anschließend konnte dieses mit den astronomischen Beobachtungen verglichen werden.
Aufgrund seiner hohen Auflösung und seiner Empfindlichkeit bot sich der Radioteleskopverbund ALMA für eine Überprüfung dieser Methode an. ALMA vermaß die Orion-KL-Region im Zentrum des Orionnebels im Wellenlängenbereich von 1,1 bis 1,4 Millimeter. Bei dieser Region handelt es sich um ein Gebiet aktiver Sternentstehung, das aufgrund seiner Nähe und Helligkeit bereits eingehend erforscht wurde und das sich daher besonders gut für erste Testbeobachtungen eignet.
Das Spektrum dieser Region wurde daraufhin auf Vorkommnisse von Propionitril (C3H5N) untersucht. Durch den Vergleich mit den Labordaten konnten die Wissenschaftler diese sowie weitere chemische Verbindungen tatsächlich in der Orion-KL-Region nachweisen. Darüber hinaus konnten sie viele Spektrallinien bisher unbekannter Herkunft ihren Molekülen zuordnen.
In Zukunft kann diese Methode auch bei anderen Teleskopen als bei ALMA eingesetzt werden. Astrochemische Untersuchungen sollten sich so effizienter und besser durchführen lassen.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.