Kosmologie: 50 Jahre kosmische Hintergrundstrahlung
Als besonders hartnäckig erwies sich ein Störsignal im Mikrowellenbereich. Es schien aus allen Richtungen des Raums mit gleicher Intensität zu kommen. Unter der Annahme, dass die Quelle dieser Strahlung wie ein Schwarzer Körper strahlte, dessen Emission durch das plancksche Strahlungsgesetz beschrieben werden kann, ließ sich der Störstrahlung eine Temperatur von drei Kelvin zuordnen.
Ohne danach gesucht zu haben, hatten Penzias und Wilson damit etwas entdeckt, was entscheidend in die damals unter Kosmologen heftig geführte Debatte über den Ursprung des Weltalls eingriff. Hatte das Universum einen Anfang? Oder existierte es schon immer? Zwei widerstreitende Vorstellungen standen sich gegenüber. Das Urknallmodell besagte, dass das Universum anfangs so heiß und dicht war, dass nur Strahlung und Elementarteilchen vorhanden waren; bei der weiteren Entwicklung dehnte es sich aus und kühlte dabei ab, wobei nach und nach Sterne und Galaxien entstanden. Die konkurrierende Lehre ging von einem immerwährenden Universum aus; um die beobachtete Expansionsbewegung der Galaxien zu erklären, musste in dieser Hypothese die kontinuierliche Erzeugung von Materie postuliert werden.
Die Drei-Kelvin-Strahlung, die Penzias und Wilson entdeckt hatten, brachte nun die Entscheidung. Denn das Urknallmodell sagte genau eine solche Strahlung voraus: Als sich die heiße Ursuppe aus Teilchen und Strahlung so weit abgekühlt hatte, dass sich die freien Protonen und Elektronen zu stabilen Atomen zusammenfanden (was bei einer Temperatur von etwa 3000 Kelvin geschah), wurde das Weltall durchsichtig, und die Strahlung konnte sich fortan ungehindert von der Materie ausbreiten. Die heiße Wärmestrahlung aus dieser Rekombinationsphase, wie diese Ära von Physikern auch genannt wird, kühlte sich im Lauf der weiteren Expansion des Kosmos um rund einen Faktor 1000 ab, also auf etwa drei Kelvin.
Die Messung von Penzias und Wilson hatte die Drei-Kelvin-Strahlung bei einer einzigen Wellenlänge nachgewiesen. Nachfolgemessungen – wie zuletzt mit dem europäischen Satelliten Planck – haben den spektralen Verlauf bei allen Wellenlängen bestätigt. Mit hoher Genauigkeit gleicht das Spektrum der kosmischen Hintergrundstrahlung der Strahlung eines Schwarzen Körpers mit einer Temperatur von 2,728 Kelvin. Diese Strahlung, die wir heute aus allen Richtungen des Raums kommend messen, ist gewissermaßen das Nachglühen des Urknalls. Konkurrierende Modelle wie etwa die Vorstellung von einem ewigen Universum (Steady-State-Theorie) können die kosmische Hintergrundstrahlung nicht erklären.
Nachdem Penzias und Wilson ihre Messungen 1965 veröffentlicht hatten, begann sich die Kosmologie von einer eher philosophischen Disziplin in eine empirische Wissenschaft zu wandeln. Mit Hilfe von Messdaten ließen sich nun wichtige Parameter ableiten, mit denen die Eigenschaften des Universums beschrieben werden können. Mängel des ursprünglichen Urknallmodells wurden durch Erweiterungen beseitigt – wie etwa durch die Vorstellung, dass sich der Kosmos in den ersten Sekundenbruchteilen nach dem Urknall extrem schnell aufblähte (Inflationsphase). Mit moderner Messtechnik gelang es in den letzten Jahrzehnten, winzige Fluktuationen in der kosmischen Hintergrundstrahlung aufzuspüren, die von der Theorie gefordert wurden. Und seit dem Jahr 2002 wissen wir auch, dass die Hintergrundstrahlung polarisiert ist – dies war ebenfalls eine Vorhersage des Modells. Mit der Entdeckung der B-Moden in dieser Polarisation durch das BICEP2-Experiment im März 2014 ist nun ein weiteres Indiz hinzugekommen, das die Korrektheit des Urknallmodells belegt. Allerdings ist die Deutung der BICEP2-Ergebnisse noch umstritten – andere Experimente werden die Messdaten noch bestätigen müssen.
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