Archäologie: Kosmische Spurensuche
Feuerstein gilt zu Recht als "Stahl der Steinzeit" - prägen doch die paläolithischen Werkzeug-Industrien die ersten Kulturstufen der Menschheit. Im einfachsten Fall konnten die damaligen Werkzeugmacher ihr Rohmaterial vom Erdboden aufsammeln, mitunter war jedoch auch ein aufwändiger Bergbau nötig - wie Beryllium-Isotope heute noch verraten.
Wir wissen nicht genau, wann und wo ein Mensch zum ersten Mal einen Stein in die Hand nahm und ihn mit einem anderen Stein bearbeitete, um daraus ein Werkzeug zu schaffen. Vermutlich vollzog diesen entscheidenden Schritt der Menschheit – der die Steinzeit einläuten sollte – vor etwa 2,5 Millionen Jahren ein Wesen, das heutige Anthropologen als Homo habilis, den "geschickten Menschen", bezeichnen. Nach dem ersten Fundort derartiger menschlicher Artefakte, der Olduvai-Schlucht in Tansania, wird die älteste Kulturstufe des Altpaläolithikums als Oldowan bezeichnet.
Archäologen interessieren sich daher brennend für die Entwicklung des Feuersteinbergbaus. Doch leider verkünden die Funde aus der Steinzeit nur selten, woher das Rohmaterial stammt. Oder vielleicht doch?
Im Schweizer Paul-Scherrer-Institut kam die Stunde der Wahrheit. Und tatsächlich: Aus dem Verhältnis der Isotope 10Be zu 9Be konnten die Forscher den Ursprung des Feuersteins ermitteln. Stammte er aus über einem Meter Tiefe, enthielt das Gestein etwa 10 000 bis 100 000 10Be-Atome pro Gramm, lag er an der Erdoberfläche, dann stieg der Gehalt auf eine Million 10Be-Atome pro Gramm.
Waren die damaligen Werkzeugmacher noch Jahrtausende lang auf Glücksfunde für ihren Rohstoff Feuerstein angewiesen, bildete sich nach und nach eine regelrechte Feuerstein-Industrie aus, bei der das Material im Bergbau aus metertiefen Gruben an die Erdoberfläche befördert wurde. Die Mühe lohnte sich: Denn während der Feuerstein – eine Sammelbezeichnung für verschiedene Quarzgesteine – von der Oberfläche eher spröde ist, findet sich in der Tiefe härteres Material, das sich leichter bearbeiten lässt und zu rasiermesserscharfen Bruchkanten gespalten werden kann.
Archäologen interessieren sich daher brennend für die Entwicklung des Feuersteinbergbaus. Doch leider verkünden die Funde aus der Steinzeit nur selten, woher das Rohmaterial stammt. Oder vielleicht doch?
Doch, meint Elisabetta Boaretto vom israelischen Weizmann-Institut. Der Schlüssel hierfür liegt im All: Feuerstein, der nicht in den Tiefen des Gesteins verborgen ist, wird – wie die gesamte Erdoberfläche – ständig von kosmischer Strahlung bombardiert. Dadurch entsteht das radioaktive Beryllium-Isotop 10Be, das mit einer Halbwertszeit von 1,5 Millionen Jahre eine für Paläontologen befriedigende Stabilität aufweist. Theoretisch sollte also Feuerstein, den einst ein fleißiger Bergmann aus der Tiefe geholt hat, einen geringeren 10Be-Anteil aufweisen als der Faustkeil, der aus oberirdischem Feuerstein angefertigt wurde.
Die Probe aufs Exempel machten Boaretto und ihre Kollegen in Israel. Hier standen den Forschern unterschiedliche Feuersteinfunde zur Verfügung: Gesteinsproben, die vor 90 Millionen Jahren entstanden und seitdem niemals die Erdoberfläche erreicht hatten, oberirdischer Feuerstein sowie verschiedene Fundstätten prähistorischer Steinwerkzeuge, von denen das Alter aus archäologischen Analysen bekannt ist. Die ältesten Artefakte sind etwa 350 000 bis 200 000 Jahre alt und stammen aus dem Acheuléen, die jüngsten Funde aus dem Neolithikum sind mit einem Alter von 10 000 Jahren dagegen geradezu jugendlich frisch.
Im Schweizer Paul-Scherrer-Institut kam die Stunde der Wahrheit. Und tatsächlich: Aus dem Verhältnis der Isotope 10Be zu 9Be konnten die Forscher den Ursprung des Feuersteins ermitteln. Stammte er aus über einem Meter Tiefe, enthielt das Gestein etwa 10 000 bis 100 000 10Be-Atome pro Gramm, lag er an der Erdoberfläche, dann stieg der Gehalt auf eine Million 10Be-Atome pro Gramm.
Damit konnten die Forscher auch eine archäologische Streitfrage klären: Die Steinwerkzeuge aus der Tabun-Höhle im Karmelgebirge südlich von Haifa – eine der wichtigsten prähistorischen Höhlen Israels – sind tatsächlich aus Feuerstein hergestellt worden, den die damaligen Bewohner mühsam der Erde entrissen haben müssen. Die Geschichte des Bergbaus könnte damit bereits vor 350 000 Jahren begonnen haben.
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