Mantelkonvektion: Kräfte aus der Tiefe formten US-Ostküste
An der Ostküste der USA verläuft ein so genannter passiver Kontinentalrand, also eine geologisch inaktive Zone – vermuteten Forscher zumindest bisher. Dieses Bild erweist sich jedoch als zunehmend fraglich. Nun möchte Kenneth Miller, Geologe an der Rutgers University, lieber von einem "passiv-aggressiven Rand" sprechen. Alte Küstenlinien, die sich als markante Stufen in der Landschaft zeigen, gaben Ausschlag zu dieser veränderten Sichtweise. Wenn keine geologischen Hebungsvorgänge wirken, verbleiben die Landrandzonen in ihrer ursprünglichen horizontalen Position und sind dann ein geeigneter Indikator zur Bestimmung vergangener Meeresspiegelstände.
Der Geologe David Rowley von der University of Chicago hat jetzt heiße Gesteinsströme im Erdmantel – so genannte Konvektionsströmungen – als Ursache dafür ausgemacht. Die Strömungen entstehen vermutlich auf Grund von Temperaturunterschieden an der Grenze von Erdmantel und Erdkern. Der enorme Druck in der Tiefe ermöglicht das zähplastische Fließen des Mantelgesteins. Im Osten der USA könnte die Fallaron-Platte, der Rest einer in den Mantel abgetauchten ozeanischen Platte, für die Mantelkonvektion verantwortlich sein.
Zur Überprüfung ihrer These entwickelten die Forscher ein globales Modell der heutigen Mantelkonvektion und rechneten damit quasi in die Zeit zurück – so konnten sie die Hebungsvorgänge im mittleren Pliozän modellieren. Es zeigte sich: Das errechnete Muster der Erdkrustenhebung stimmt mit dem Höhenprofil der Orangeburg Scarp gut überein. Wo Mantelmaterial zu einer Hebung führte, ist die Küstenlinie heute am höchsten. Dort haben sich auch Flüsse am tiefsten eingeschnitten – ein weiterer Beleg für Rowleys Modell. Andere Prozesse – wie isostatische Hebungsvorgänge infolge von Gletscherschmelzen – hatten hingegen einen geringeren Einfluss. "Die Erdkruste reitet auf einem dynamischen Mantel", bringt Rowley das neue Bild des Erdinneren auf den Punkt.
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