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Mykosen: Krank machende Pilze sind höchst anpassungsfähig

Der Pilzerreger Aspergillus fumigatus, der oft tödliche Infektionen verursacht, stellt sich sehr flexibel auf seine menschlichen Wirte ein. Er verändert sogar ihr Mikrobiom.
Eine behandschuhte Hand hält eine grau bepelzte Petrischale.
Der Schimmelpilz Aspergillus fumigatus verursacht schwere, oft tödliche Infektionen vor allem bei Patienten mit geschwächtem Immunsystem.

Pilze, die Menschen infizieren, haben einen enorm anpassungsfähigen Stoffwechsel. Das erlaubt ihnen, den menschlichen Körper effektiv zu besiedeln. Darüber hinaus verändern sie die Verhältnisse im Wirtsorganismus zu ihrem Vorteil. Das hat eine Forschungsgruppe um Gianni Panagiotou vom Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie (Leibniz-HKI) in Jena herausgefunden. Die Wissenschaftler berichten darüber in »Nature Communications«.

Gianni Panagiotou und seine Kollegen untersuchten den Schimmelpilz Aspergillus fumigatus, der Infektionen mit schwerem, oft tödlichem Krankheitsverlauf hervorruft – vor allem bei Menschen mit einem geschwächten Immunsystem. Er befällt unter anderem Haut und Nasennebenhöhlen, Herz und Nieren, vor allem aber die Lunge. Auch das zentrale Nervensystem kann betroffen sein. Die Behandlung ist schwierig, da hierfür nur wenige Medikamente zur Verfügung stehen. A. fumigatus gehört zu den vier Pilzarten, die uns laut Weltgesundheitsorganisation besonders gefährlich werden können. Der Schimmelpilz ist in der Umwelt weit verbreitet und existiert in zahlreichen Varianten. Diese unterscheiden sich teils erheblich voneinander. So stimmt beispielsweise das Erbgut von 250 untersuchten Aspergillus-fumigatus-Stämmen nur zu etwa 70 Prozent überein. Zum Vergleich: Die Erbinformationen von Menschen und Schimpansen sind zu rund 98 Prozent identisch. Bei den Pilzvarianten bestehen große genetische Differenzen vor allem zwischen solchen Stämmen, die den Menschen krank machen, und jenen, die nur in der Umwelt vorkommen.

»In der aktuellen Studie haben wir uns darauf konzentriert, welche Auswirkungen diese genomischen Unterschiede auf den Pilzstoffwechsel in Gegenwart eines komplexen Lungenmikrobioms haben«, erklärt Gianni Panagiotou in einer Pressemitteilung. Sein Team hat Computermodelle entwickelt, mit denen sich für die 250 untersuchten Aspergillus-fumigatus-Stämme vorhersagen lässt, welche Stoffwechselreaktionen jeweils in ihnen ablaufen und welche Produkte dabei entstehen. Demnach unterscheiden sich die krank machenden Stämme von den Umweltstämmen vor allem dahingehend, welche und wie viele Aminosäuren sie produzieren.

A. fumigatus scheint seine Wirtsorganismen zudem zum eigenen Vorteil umzugestalten. Das Forschungsteam ermittelte bei 40 Patienten vor und nach einer Infektion mit diesem Pilz, welche Mikroorganismen die Lungen der Erkrankten besiedelten. Dabei stellte sich heraus: Der Schimmelpilz beeinflusst das Lungenmikrobiom so, dass sich günstigere Bedingungen für sein Wachstum einstellen. Das Artenspektrum verschiebt sich, woraufhin vermehrt mikrobielle Stoffwechselprodukte entstehen, die der Pilz benötigt. Die große Variabilität des Stoffwechsels von Aspergillus fumigatus, ebenso wie sein Einfluss auf das Mikrobiom des Wirts, müssten beim Entwickeln neuer Medikamente beachtet werden, mahnen die Wissenschaftler.

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