News: Krebs verändert Genaktivität in Endothelzellen
Bert Vogelstein und seine Mitarbeiter vom Howard Hughes Medical Institute haben nun vielleicht einen neuen Ansatzpunkt für Medikamente gefunden, um den Tumoren die Versorgung abzuschneiden. Die Forscher untersuchten die Genaktivität in Endothelzellen von gesundem und krankem Gewebe aus Dickdarmkrebs-Patienten. Diese Zellen kleiden die Blutgefäße aus, sind aber selbst keine Krebszellen. Und trotzdem beeinflusst das angrenzende erkrankte Gewebe offenbar auch die Aktivität der Gene in diesen Zellen.
Mit einer ausgeklügelten Methode, der serial analysis of gene expression (SAGE), ermittelten die Wissenschaftler 79 Gene, deren Aktivität unterschiedliche Muster in dem normalen und dem Tumorgewebe zeigten. 46 davon wurden in den Endothelzellen des kranken Gewebes bis zu zehn Mal mehr exprimiert als in den entsprechenden Zellen außerhalb von Wucherungen. Bei 33 Genen dagegen stellten die Forscher eine verringerte Aktivität im Krebsgewebe fest (Science vom 18. August 2000).
Mindestens sieben der überexprimierten Gene scheinen nach Aussage der Autoren daran beteiligt zu sein, dass neue Blutgefäße entstehen oder bestehende erweitert werden. Dementsprechend spielen sie für den Tumor eine entscheidende Rolle, um seine langfristige Versorgung zu sichern – und ist damit vielleicht gleichzeitig eine Achillesferse des Geschwürs, hoffen die Forscher.
Auch in Krebsgeschwüren in Knochen, Leber, Lungen, Bauchspeicheldrüse und Gehirn konnten die Forscher für einige der 46 Gene eine höhere Aktivität nachweisen als in gesunden Endothelzellen. "Das ist ein sehr vielversprechender Fund, weil es bedeutet, dass, falls diese Gene therapeutische Zielobjekte werden, indem zum Beispiel Antikörper gegen ihre Proteine entwickelt werden, diese Antikörper nicht nur gegen Dickdarmkrebs wirksam wären, sondern wahrscheinlich gegen die meisten Krebsarten", erklärt Vogelstein. Kenneth Kinzler, der Leiter der Untersuchung, warnt allerdings vor verfrühtem Optimismus: "Diese frühe Studie liefert reiche Daten, aber bevor sie für Patienten von Nutzen sind, müssen wir sie erstmal zusammenstreichen, um die besten Diagnosewege und therapeutischen Ziele herauszufinden." Und das könnte noch einige Jahre zusätzlicher Forschung erfordern, meint er.
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 18.3.1999
"Eine unerwartete Schwachstelle"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich)
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