News: Kriegsgewinn durch 25-Bit-Computer
Ziel der Anstrengung war es, die kodierten Funksprüche der Deutschen für die Alliierten zu dechiffrieren. Die Deutschen bedienten sich hierfür einer Lorenzmaschine des Typs SZ42. Der Originaltext wurde durch Bit-pro-Bit-Addition zweier "Zufallszahlen" in einer Maschine chiffriert und konnte mit einer weiteren Maschine wieder dekodiert werden, wenn die Anfangsposition der kodierenden Maschine bekannt war. Die Alliierten waren zwar in Besitz einer solchen Maschine, kannten aber die Startbedingungen nicht.
Hitler fühlte sich seiner Sache sicher, auch wenn die beiden "Zufallszahlen" nicht wirklich zufällig gewählt, sondern der Einfachheit halber einer langen Zahlenfolge mit 1019 Möglichkeiten entnommen waren. Aufgrund der Vielzahl der möglichen Kombinationen waren die Codes zwar prinzipiell zu knacken, aber nur mit praktisch unmöglichem Aufwand. So wurden streng geheime Botschaften zwischen Hitler und seinen Generälen verschlüsselt über den Äther geschickt, in der Gewißheit, daß die Informationen den Alliierten allenfalls Monate später zugänglich wären.
Colossus war jedoch in der Lage, Funksprüche innerhalb von zwei Tagen zu dechiffrieren, für welche die 12 000 Angestellten in Bletchley Park sonst mehrere Monate gebraucht hätten. Er stellte innerhalb relativ kurzer Zeit alle möglichen Einstellungen der Chiffriermaschinen nach und decodierte so den Code. Damit verhalf er schließlich den Alliierten zur planmäßigen Landung in der Normadie.
Um Colossus eventuell in ähnlicher Situation wieder einsetzen zu können, wurde das Wunderwerk nach dem Krieg auf Anweisung Winston Churchills zerstört und seine Existens bis 1970 geheim gehalten. Die Logarithmen für die Dechiffrierung wurden sogar bis heute nicht veröffentlicht. Jetzt jedoch soll der 2,5 Meter hohe und sechs Meter lange Rechner im Bletchley Park Museum, dem einstigen Dechiffrierzentrum der Alliierten, wieder aufgebaut werden.
Keine leichte Aufgabe, denn nach der Zerstörung des Rechners 1960 wurden die Konstruktionspläne verbrannt und die Bauteile in der Fernmeldetechnik wiederverwertet. Daher versucht der Computerfachmann Tony Sale, Colossus mit Hilfe einiger ehemaliger Angestellten nach alten Fotos zu rekonstruieren. Doch besonders die Suche nach den Originalbauteilen erweist sich als schwierig. Teilweise sind sie möglicherweise heute noch irgendwo in der Gegend um Bletchley Park im Einsatz.
Siehe auch
- Spektrum der Wissenschaft 5/97, Seite 54
"Konrad Zuses Rechenmaschine: sechzig Jahre Computergeschichte"
(nur für Heft-Abonnenten online zugänglich) - Spektrum der Wissenschaft 6/99, Seite 26
"Vom diplomatischen Code zur Falltürfunktion"
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