News: Kristalle werden als flache Scheibe geboren
Die Geburtsstunde eines Kristalls, die so genannte Keimbildung, konnten Peter Velikow und Siu-Tung Yau von der University of Alabama in Huntsville nun erstmals in Bildern festhalten (Nature vom 3. August 2000). Um in das Reich der Moleküle vorzudringen, verwendeten die Forscher ein Rasterkraftmikroskop. Seine Spitze richteten sie mehrmals auf den Boden eines Gefäßes mit einem Volumen von nur 50 Tausendstel Millilitern, das mit einer übersättigten Lösung von Apoferritin gefüllt war – einem kugelförmigen Protein. Mit ihrer Apparatur konnten die Wissenschaftler beobachten, wie die neu entstandenen Keime Moleküle anlagerten oder verloren und welche Form sie hatten. Und dabei machten sie eine interessante Entdeckung: "Erwartet haben wir etwas Kompaktes", meint Velikow, "aber die Keime waren ziemlich eben, ähnlich wie ein Holzfloß." Bisher gingen Wissenschaftler davon aus, dass die ersten Strukturen rundlich sein müssten, da sie – ähnlich wie Seifenblasen – einer Oberflächenspannung ausgesetzt sind, die ihre Oberfläche verkleinert. Die Forscher fanden außerdem heraus, dass die kritische Größe eines Kristallisationskeimes, bei der das rasante Wachstum von Kristallen startet, zwischen 20 und 50 Molekülen beträgt – je nach Konzentration der übersättigten Lösung.
Warum die Keime allerdings flach und nicht rund sind, bleibt vorerst unklar. "Es ist eine Überraschung", meint der Chemiker David Oxotoby von der University of Chicago, "diese Entdeckung wirft sicherlich Fragen über die klassische Theorie der Kristallisation auf".
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 28.2.2000
"Das Schwergewicht unter den Kristallen"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Ticker vom 3.8.1998
"Der Stein kommt ins Rollen"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich)
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