News: Krümelmagnet
Mit supraleitenden Spulen lassen sich starke Magnetfelder erzeugen. Noch stärker geht's vielleicht mit klein gebröseltem Material.
Supraleiter sind erste Wahl, wenn es gilt, dauerhaft starke Magnetfelder zu erzeugen. Denn durch supraleitende Spulen lassen sich ohne Probleme große Ströme schicken, und die sind für starke Felder unabdingbar. Und noch einen Vorteil bieten Supraleiter: Ist einmal die gewünschte Feldstärke erreicht, dann lässt sich diese buchstäblich einfrieren, denn da der Strom in einem Supraleiter ohne Widerstand fließt, kann er in der Spulenanordnung prinzipiell endlos lange seine Bahnen ziehen und so ein permanentes Magnetfeld erzeugen. Die Stromquelle darf man dann getrost abschalten.
Bei all den günstigen Eigenschaften sind im Umgang mit Supraleitern jedoch auch ein paar Nachteile in Kauf zu nehmen: So braucht es in der Regel eine sehr tiefe Temperatur, bis das Material seinen widerstandsfreien Zustand erreicht. Meist kommt man deshalb um eine teure Kühlung mit Helium nicht umhin, es sei denn, Hochtemperatur-Supraleiter werden verwendet. Außerdem besitzt jeder Supraleiter eine stoffabhängige kritische Feldstärke, oberhalb derer das Material seine besonderen Eigenschaften verliert.
Denn Magnetismus und Supraleitung sind zwei physikalische Phänomene, die sich gar nicht mögen. Schließlich drückt ein Supraleiter Magnetfelder aus seinem Innern heraus (Meißner-Ochsenfeld-Effekt) oder versucht sie zumindest auf kleine schlauchförmige, normal leitende Gebiete, die Flussfäden, zu begrenzen. Während bei der ersten Art das Überschreiten des kritischen Feldes schlagartig zum Zusammenbruch der Supraleitung führt, bleibt bei der zweiten Art zumindest noch eine Gnadenfrist. Mit zunehmender Feldstärke durchdringen immer mehr Flussfäden das Material, bis es schließlich ganz von den normal leitenden Löchern aufgefressen ist.
Hongjun Niu and Damian Hampshire von der Universität im britischen Durham haben nun einen Weg gefunden, wie sich der natürliche Aufschub bei Supraleitern zweiter Art noch ein wenig ausdehnen lässt. Die Forscher stellten ein Material her, das selbst starke Magnetfelder von bis zu hundert Tesla verträgt – gängige Niob-Zinn-Legierungen bringen es lediglich auf 28 Tesla. Die Blei-Molybdän-Schwefel-Verbindung PbMo6S8 wurde dazu zunächst gemahlen, sodass ein feines Pulver aus 20 Nanometer großen Partikeln übrig blieb. Dann pressten Niu und Hampshire dieses Nanopulver unter Hitze zusammen. Auf diese Weise entstand ein sprödes, zusammengebackenes Material, bei dem die einzelnen Nanopartikel fest aneinander hafteten.
Doch worin besteht das Geheimnis dieses Materials? Wieso toleriert es so hohe Magnetfelder? Der Trick liegt darin, dass die Forscher durch die nanoskopische Unordnung des Pulvers den Durchmesser der Flussfäden verringert haben. So lassen sich mehr Flussfäden unterbringen und dementsprechend höhere Magnetfelder anlegen, ohne dass das Material normal leitend wird. Der Durchmesser eines Flussfadens korreliert nämlich mit der Entfernung, die Elektronen im Material zurücklegen können, bis sie in eine andere Richtung gestreut werden – deshalb auch Streulänge genannt. Wenn nun die supraleitenden Elektronen mehr streuen, dann können sie weniger tief in Flussfäden eindringen, und die Abgrenzung der normal leitenden zu den supraleitenden Zonen wird schärfer. Effektiv schrumpft also der Radius der Flussfäden. "Es ist ein bisschen wie eine Wanderung durch den Wald", erklärt Hampshire, "es gibt keinen freien Weg, und wenn die Bäume dichter stehen, dann muss man ihnen häufiger ausweichen."
Zwar ist die Idee nicht neu, und Wissenschaftler haben bereits vorher schon probiert, auf diese Weise einer Niob-Zinn-Legierung eine höhere kritische Feldstärke zu spendieren. Funktioniert hat es jedoch nicht, da das Zusammenbacken die winzigen Nanokristalle wieder zerstört hat. Diese Probleme gab es bei PbMo6S8 offensichtlich nicht. Da die Verbindung allerdings sehr spröde ist, scheinen die Aussichten auf eine künftig Anwendung beschränkt: "Ich kann mir nicht vorstellen, diese Methode für die Produkte zu nutzen, die wir herstellen – obwohl das vielleicht mehr über meine Fantasie als über den Prozess aussagt!", erklärt Paul Noonan von der Firma Oxford Instruments, die eine ganze Reihe wissenschaftlicher Geräte auf der Basis von Supraleitern anbietet.
Allerdings bestehen auch die meisten Hochtemperatur-Supraleiter aus einer brüchigen Keramik. Lange Zeit hat das die technischen Möglichkeiten dieser Verbindungen beschränkt, doch mittlerweile gibt es sogar biegsame Drähte, bei denen der Supraleiter in einer silberhaltigen Matrix eingebettet ist. Da bei dem neuen Material im Prinzip die gleichen Probleme auftauchen, lassen sich hier vielleicht auch die gleichen Lösungsstrategien verfolgen. Und so könnten in Zukunft Drähte aus supraleitendem Nanopulver für starke Magnetfelder in medizinischen und technischen Apparaturen sorgen.
Bei all den günstigen Eigenschaften sind im Umgang mit Supraleitern jedoch auch ein paar Nachteile in Kauf zu nehmen: So braucht es in der Regel eine sehr tiefe Temperatur, bis das Material seinen widerstandsfreien Zustand erreicht. Meist kommt man deshalb um eine teure Kühlung mit Helium nicht umhin, es sei denn, Hochtemperatur-Supraleiter werden verwendet. Außerdem besitzt jeder Supraleiter eine stoffabhängige kritische Feldstärke, oberhalb derer das Material seine besonderen Eigenschaften verliert.
Denn Magnetismus und Supraleitung sind zwei physikalische Phänomene, die sich gar nicht mögen. Schließlich drückt ein Supraleiter Magnetfelder aus seinem Innern heraus (Meißner-Ochsenfeld-Effekt) oder versucht sie zumindest auf kleine schlauchförmige, normal leitende Gebiete, die Flussfäden, zu begrenzen. Während bei der ersten Art das Überschreiten des kritischen Feldes schlagartig zum Zusammenbruch der Supraleitung führt, bleibt bei der zweiten Art zumindest noch eine Gnadenfrist. Mit zunehmender Feldstärke durchdringen immer mehr Flussfäden das Material, bis es schließlich ganz von den normal leitenden Löchern aufgefressen ist.
Hongjun Niu and Damian Hampshire von der Universität im britischen Durham haben nun einen Weg gefunden, wie sich der natürliche Aufschub bei Supraleitern zweiter Art noch ein wenig ausdehnen lässt. Die Forscher stellten ein Material her, das selbst starke Magnetfelder von bis zu hundert Tesla verträgt – gängige Niob-Zinn-Legierungen bringen es lediglich auf 28 Tesla. Die Blei-Molybdän-Schwefel-Verbindung PbMo6S8 wurde dazu zunächst gemahlen, sodass ein feines Pulver aus 20 Nanometer großen Partikeln übrig blieb. Dann pressten Niu und Hampshire dieses Nanopulver unter Hitze zusammen. Auf diese Weise entstand ein sprödes, zusammengebackenes Material, bei dem die einzelnen Nanopartikel fest aneinander hafteten.
Doch worin besteht das Geheimnis dieses Materials? Wieso toleriert es so hohe Magnetfelder? Der Trick liegt darin, dass die Forscher durch die nanoskopische Unordnung des Pulvers den Durchmesser der Flussfäden verringert haben. So lassen sich mehr Flussfäden unterbringen und dementsprechend höhere Magnetfelder anlegen, ohne dass das Material normal leitend wird. Der Durchmesser eines Flussfadens korreliert nämlich mit der Entfernung, die Elektronen im Material zurücklegen können, bis sie in eine andere Richtung gestreut werden – deshalb auch Streulänge genannt. Wenn nun die supraleitenden Elektronen mehr streuen, dann können sie weniger tief in Flussfäden eindringen, und die Abgrenzung der normal leitenden zu den supraleitenden Zonen wird schärfer. Effektiv schrumpft also der Radius der Flussfäden. "Es ist ein bisschen wie eine Wanderung durch den Wald", erklärt Hampshire, "es gibt keinen freien Weg, und wenn die Bäume dichter stehen, dann muss man ihnen häufiger ausweichen."
Zwar ist die Idee nicht neu, und Wissenschaftler haben bereits vorher schon probiert, auf diese Weise einer Niob-Zinn-Legierung eine höhere kritische Feldstärke zu spendieren. Funktioniert hat es jedoch nicht, da das Zusammenbacken die winzigen Nanokristalle wieder zerstört hat. Diese Probleme gab es bei PbMo6S8 offensichtlich nicht. Da die Verbindung allerdings sehr spröde ist, scheinen die Aussichten auf eine künftig Anwendung beschränkt: "Ich kann mir nicht vorstellen, diese Methode für die Produkte zu nutzen, die wir herstellen – obwohl das vielleicht mehr über meine Fantasie als über den Prozess aussagt!", erklärt Paul Noonan von der Firma Oxford Instruments, die eine ganze Reihe wissenschaftlicher Geräte auf der Basis von Supraleitern anbietet.
Allerdings bestehen auch die meisten Hochtemperatur-Supraleiter aus einer brüchigen Keramik. Lange Zeit hat das die technischen Möglichkeiten dieser Verbindungen beschränkt, doch mittlerweile gibt es sogar biegsame Drähte, bei denen der Supraleiter in einer silberhaltigen Matrix eingebettet ist. Da bei dem neuen Material im Prinzip die gleichen Probleme auftauchen, lassen sich hier vielleicht auch die gleichen Lösungsstrategien verfolgen. Und so könnten in Zukunft Drähte aus supraleitendem Nanopulver für starke Magnetfelder in medizinischen und technischen Apparaturen sorgen.
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