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Optogenetik: Künstliche Angsterinnerungen in die Amygdala geschrieben

Mit einer raffinierten Methode haben Wissenschaftler einen Beleg für die Theorie geliefert, dass das Angstgedächtnis von einer speziellen Region der Amygdala vermittelt wird. Joshua Johansen von der New York University und Kollegen haben Ratten gentechnisch so präpariert, dass sich mit einem Lichtstrahl Neurone dieser Region auf Kommando aktivieren ließen. Damit konnten sie den Versuchstieren gewissermaßen Erinnerungen an eine niemals erlebte Gefahr einimpfen und so die Beteiligung dieser Zellen an der Angstkonditionierung aufzeigen.

Wie bei üblichen Angstkonditionierungsstudien spielten die Wissenschaftler ihren Versuchstieren ein Geräusch vor. Anstatt nun einen leichten Stromstoß in den Käfig zu leiten, der die Nager das Geräusch in Zukunft als Bedrohung empfinden lässt, aktivierten Johansen und Team die fraglichen Neurone selbst. Dieses Signal genügte, um bei den Tieren Angst vor dem Geräusch auszulösen: Spielten die Forscher es ihnen erneut vor, verharrten die Ratten prophylaktisch in einer Schutzhaltung.

Kernbestandteil dieses Verfahrens, der so genannten Optogenetik, ist es, den Bauplan für ein lichtempfindliches Porenprotein in die DNA der Zelle zu schleusen. Diese fügt den fremden Kanal daraufhin in ihre Membran ein. Er aktiviert – ganz analog zu den herkömmlichen Kanälen des Neurons – Zellmechanismen, indem es Ionen eintreten lässt. Im Unterschied zu den herkömmlichen Kanälen geschieht das allerdings bei Lichteinfall und nicht in Anwesenheit von Neurotransmittern.

Dass die Pyramidenzellen der lateralen Amygdala, auf die sich Johansen und Kollegen konzentriert hatten, in die untersuchten emotionalen Prozesse eingebunden sind, wird seit Langem stark vermutet. Laut den Wissenschaftlern fehlte aber bislang der endgültige Beweis. Darüber hinaus dürfte die Studie wohl auch zur Erprobung dieser Technologie gedient haben. In einem ähnlichen Experiment hatten Wissenschaftler bereits mit derselben Methode Fliegen "falsche Erinnerungen" eingegeben.

Mehr zum Thema "Optogenetik" finden Sie auf unserer Sonderseite:
spektrumdirekt.de/optogenetik
Auf die Optogenetik gründen sich einige Hoffnungen für die Zukunft – nicht nur was die Untersuchung neuronaler Mechanismen angeht, sondern beispielsweise auch für die Behandlung bestimmter Störungen. Anstatt wie etwa bei der Parkinsonkrankheit mittels implantierter Elektroden ganze Hirnbereiche unspezifisch zu reizen, könnten so eines Tages auch ein eng umrissener Typ von Neuronen stimuliert werden. Das größte Hindernis bei der Umsetzung ist allerdings der Einbau der Kanalproteine. Nur eine Gentherapie kann die fremden Genabschnitte ins Genom der menschlichen Zielzelle übertragen. (jd)
  • Quellen
Johansen, J.P. et al.: Optical activation of lateral amygdala pyramidal cells instructs associative fear learning. In: Proceedings of the National Academy of Sciences 10.1073/pnas.1002418107, 2010.

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