Künstliche Beleuchtung: Fledermäuse reagieren auf Lichtverschmutzung
Der Mensch verlängert mit Kunstlicht seinen Tag und hat dadurch richtig dunkle Nächte überall in der Welt selten gemacht. Mit dieser Lichtverschmutzung verändern sich Ökosysteme, wobei vor allem die Insekten der Nacht betroffen sind – aber auch Arten, die man auf den ersten Blick für wenig lichtanfällig halten könnte. Zum Beispiel die auf Echoorientierung spezialisierten Fledermäuse, wie nun eine umfassende Untersuchung von Wissenschaftlern des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung belegt: Unterschiedliche Arten der Flattertiere reagieren dabei allerdings durchaus nicht gleich auf Beleuchtung – und manchmal sogar anders, als man zunächst erwarten würde.
Die Forscher haben im Sommer 2017 für ihre in »Frontiers in Ecology and Evolution« veröffentlichte Studie die Aktivitäten verschiedener Fledermausarten an 22 Standorten drei Monate lang durch Berliner Nächte verfolgt. So konnten sie anhand der aufgezeichneten rund 1000 Fledermausrufe gut nachvollziehen, welche Spezies an welchen Standorten besonders häufig waren. Ein besonderes Augenmerk hatten die Forscher dabei auf die Beleuchtung an den verschiedenen Messstationen und auf die Vegetation in der näheren Umgebung gelegt: Die Idee war, dass naher Baumbestand sowohl Fledermäusen wie auch ihrer Beute, den Nachtinsekten, Schatten und Deckung geben könnte. Zudem achteten die Forscher auf die Qualität der Beleuchtung – also etwa darauf, wie hoch der abgestrahlte UV-Anteil der Straßenlaternen am jeweiligen Standort war. Insekten werden vor allem von UV-Licht angelockt.
Die Auswertung deutet nun darauf hin, dass unterschiedliche Fledermausarten auf verschiedene Weise auf die vom Menschen veränderte Umweltsituation vor Ort reagieren. So beobachtete das Team etwa eine vergleichsweise stärkere Präsenz der Rauhautfledermaus (Nathusius pipistrelle) und der echten Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus) an Stellen mit hoher UV-Intensität im Laternenlicht. Offenbar haben sich beide Arten auf die Insekten spezialisiert, die hier vermehrt um die Lampen tanzen. Auf Plätzen, die vor allem durch LED-Lampen und entsprechend wenig UV-Licht erleuchtet werden, fanden sich dagegen sowohl weniger Insekten als auch weniger Fledermäuse aller Arten: Außer den beiden Spezialisten werden Fledermäuse von Helligkeit eher abgeschreckt, unabhängig davon, ob die Beleuchtung viel oder wenig UV-Licht beinhaltet.
Dichter Baumbestand vor Ort verstärkt den Effekt noch einmal, wie die Auswertung zeigt: Wo die Vegetation hochwuchs, stieg die Zahl der Zwergfledermausbesuche an den Lampen – womöglich deshalb, weil an solchen Stellen auch mehr Insekten um die Laternen schwirren. Andere Fledermäuse entpuppten sich dagegen als glatter Gegenentwurf zu den UV-Profiteuren der Zwergfledermäuse. Vor allem Mausohren (Myotis sp.) etwa mieden hell ausgeleuchtete Orte unabhängig vom UV-Anteil – und dies selbst dann, wenn in der Nähe genug Bäume standen, in denen sie beim Jagen zwischendurch in Deckung hätten gehen können. Auch schnell und hoch fliegende Arten werden durch Licht eher gestört: Sie waren dort häufiger, wo Baumschatten die von unten hochstrahlende Beleuchtung abdämpft.
Insgesamt verändert die künstliche Beleuchtung also die Ökologie der Fledermausgemeinschaft, schlussfolgern die Forscher. Die beiden Zwergfledermäuse scheinen sich dabei auf die Situation gut eingestellt zu haben und profitieren derzeit von der Lockfalle Licht, die viele ihrer Beuteinsekten anzieht. Allerdings ist bekannt, dass vor allem die Zahl der Insekten durch nächtliche Lichtverschmutzung dramatisch einbricht – womöglich sind die fetten Zeiten demnach auch für die Zwerg- und die Rauhautfledermaus nur kurz. Zum Schutz des Ökosystems bietet sich natürlich vor allem an, die Lichtverschmutzung wo möglich zu reduzieren. Sinnvoll sei dies insbesondere dort, wo ein dichter Baumbestand nicht nur anderen Fledermausarten, sondern auch vielen Insekten Schutz bietet: Wenn diese von Lampen herausgelockt werden, wird ihre Zahl rasch stark reduziert.
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