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Astrophysik: Künstliche Intelligenz entdeckt Gravitationslinsen

Sie können ferne Regionen des Alls enorm stark vergrößern, sind jedoch schwer aufzuspüren. Nun hat ein neuronales Netz etliche neue der kosmischen Brenngläser entdeckt.
Eine Gravitationslinse als Smiley

Für Astronomen sind sie eine Art Geschenk: Gravitationslinsen bündeln das Licht extrem weit entfernter Strahlungsquellen, was diese wie unter einem Brennglas stark vergrößert. Meist handelt es sich um Galaxienhaufen, deren Schwerkraft eine gigantische Beule in die Raumzeit macht. Licht eines genau dahinter liegenden Objekts kann sich dann auf dem Weg zur Erde nicht in einer geraden Linie ausbreiten, sondern macht einen Bogen. Am Nachthimmel erscheint das Objekt dadurch stark verzerrt oder sogar in mehrfacher Ausführung an den Rändern der Gravitationslinse.

Bisher sind bloß einige hundert starke Gravitationslinsen bekannt. Dank neuronaler Netze könnten es künftig sehr viel mehr werden, berichtet nun ein Team um Xiaosheng Huang von der University of San Francisco. Die Astrophysiker haben einem Algorithmus beigebracht, die charakteristischen Verzerrungen in einem bestehenden Datensatz aus Galaxienbildern zu suchen. Auf diese Weise habe man 335 Kandidaten für die kosmischen Brenngläser aufgespürt, berichten die Forscher im »Astrophysical Journal«.

Gravitationslinsen | Mit Hilfe eines Computerprogramms identifizierten Forscher um Xiaosheng Huang von der University of San Francisco Galaxien, die von einer davor liegenden Masse vergrößert werden (farbige Bilder). Anschließend lieferte das Hubble-Weltraumteleskop detailliertere Aufnahmen, um die Gravitationslinsen zu bestätigen (schwarz-weiß).

Basis hierfür bildeten Beobachtungen der Dark Energy Camera Legacy Survey, die immer wieder Bilder eines großen Himmelsausschnitts mit unzähligen Galaxien geschossen hat. Ob es sich dabei jeweils um eine Gravitationslinse handelt, entschied ein Algorithmus, den die Forscher mit 423 bekannten Gravitationslinsen und 9451 Nichtlinsen trainiert hatten. Die eigentliche Rechnung übernahm dann ein Supercomputer am Lawrence Berkeley National Laboratory. Bei einigen viel versprechenden Kandidaten führten die Wissenschaftler anschließend Nachbeobachtungen mit dem Hubble-Weltraumteleskop durch, das die Gravitationslinsen in größerem Detail ablichten konnte.

Für die Gruppe um Xiaosheng Huang ist das erst ein Vorgeschmack auf kommende Arbeiten: In den nächsten Jahren werden mehrere neue Teleskope in Betrieb gehen und detaillierte Himmelspanoramen aufnehmen. Forscher wollen so die Vergangenheit des Weltalls besser verstehen und das Wirken der rätselhaften Dunklen Energie nachvollziehen. Künstliche Intelligenz könnte dann dabei helfen, aus den Milliarden Galaxien am Firmament jene herauszufiltern, die von einer Gravitationslinse stark vergrößert werden.

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