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Fernerkennung: Künstliche Intelligenz findet Armut per Satellit

Ein neuronales Netzwerk kann mit Hilfe von Satellitenbildern lernen, wo auf der Welt große Armut herrscht. Solche Angaben könnten damit einmal schneller und treffsicherer erhoben werden.
Khartum, Sudan

Um Armut auf der Welt bekämpfen zu können, bedarf es vor allem Wissen darüber, wo die ärmsten Menschen leben. Es ist jedoch gerade in besonders problematischen und konfliktreichen Regionen oft schwierig, diese Informationen zu sammeln. Eine Forschergruppe um Marshall Burke von der Stanford University stellt jetzt eine neue Anwendung von künstlicher Intelligenz vor, mit der sich diese kritische Wissenslücke schließen lässt. Das Team hat ein künstliches neuronales Netzwerk so trainiert, dass es mit Hilfe von Satellitenbildern präzise Einschätzungen zu ökonomischen Verhältnissen in den ärmsten Ländern der Welt machen kann.

Bisher nutzen Wissenschaftler für die Untersuchung wirtschaftlicher Verhältnisse bereits Daten aus sozialen Netzwerken, von Mobiltelefonen sowie Satellitenbilder, die nachts geschossen wurden. Auf diesen Nachtbildern wird gemessen, wie stark beleuchtet ein Gebiet ist, woraus sich schließen lässt, wie viel Elektrizität genutzt wird. Ein Problem daran ist aber, dass sehr arme Regionen oft komplett dunkel erscheinen und man nicht wirklich differenzieren kann, wie arm genau die Menschen dort sind. Dies erschwert die Analyse von Gebieten, in denen Menschen an oder unterhalb der Armutsgrenze leben. Um dieses Problem zu lösen, setzt das Team von Marshall Burke mit seiner neuen Methode nun auf Tageslichtbilder, die deutlich mehr Kontrast und somit detailliertere Daten versprechen.

Die Wissenschaftler entwickelten dafür ein Computerprogramm, das Millionen von Satellitenaufnahmen analysiert. Es basiert aber auf einem Bilderkennungssystem, das auf Tageslichtbildern Merkmale – wie zum Beispiel die Materialien von Häuserdächern, die Distanz zu Stadtgebieten oder Wasserläufe – unterscheidet.

Merkmale, die etwas über die Verteilung von Armut aussagen, erkennt das als neuronales Netzwerk konzipierte Programm selbstständig: Die künstliche Intelligenz brachte sich dies in einer Übungsphase selbst bei, in der das Netzwerk mit der Analyse von Regionen, zu denen man bereits viele Informationen hatte, trainiert wurde. Für dieses Training steuerten die Wissenschaftler wirtschaftliche Daten bei; die KI glich diese dann mit Tageslichtbildern ab und lernte zu erkennen, welche Eigenschaften auf den Bildern wirtschaftliche Aktivitäten verraten. Nach der Trainingsphase lieferte das Programm dann auch über Regionen, für die es kaum andere Daten außer den Satellitenbildern gab, zutreffende Vorhersagen. Das funktionierte auch dann, wenn es zuvor mit Daten aus einem anderen Land trainiert wurde.

Neuronales Netz erkennt Armut auf Satellitenbilder | Wissenschaftler haben ein Computerprogramm entwickelt, das mit Hilfe von Satellitenbildern Armut erkennen kann. Sie demonstrierten die Präzision der Software am Beispiel von fünf afrikanischen Ländern.

Die Software ermittelte so schließlich recht präzise Konsumausgaben und Vermögen von Haushalten in fünf afrikanischen Ländern, ohne dass die Wissenschaftler ihm zuvor vorgaben, wonach es genau suchen sollte. Es handelte sich dabei um Durchschnittswerte von Clustern, die ungefähr der Fläche eines Dorfs oder Stadtviertels entsprechen – Angaben von einzelnen Haushalten wurden zum Schutz der Privatsphäre bereits bei der Erhebung der Daten, die für die Trainingsphase genutzt wurden, verschleiert und so für das neuronale Netz nicht erlernbar. Für die größeren lokalen und regionalen Cluster gelang es der KI aber, ökonomische Verhältnisse in Regionen unterhalb der Armutsgrenze in mehr als 80 Prozent der Fälle präziser zu erkennen als die gängige Nachtlichtmethode; in den allerärmsten Regionen sogar in 99 Prozent der Fälle. Da es bereits von der gesamten Erde Satellitenbilder mit relativ hoher Auflösung gibt, ist die Methode kostengünstig und weltweit einsetzbar.

Moritz Piatti, Ökonom der unabhängigen Evaluationsgruppe der Weltbank, schätzt das neuronale Netz als "hoch relevant für die Entwicklungshilfe" ein. Es reiche aber nicht, nur zu wissen, wo die größte Armut herrscht, weil Regierungen trotzdem oft ineffektiv handelten. "Manche verteilen Ressourcen lieber in ihren Wahlkreisen, statt auf die bedürftigsten Regionen", erklärt Piatti. Ungeachtet dessen seien verbesserte Methoden für die Abschätzung von Armutssituationen nötig. "Handfestere Daten sind extrem nützlich, um mehr Druck auf Regierungen ausüben zu können."

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