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Synthetische Biologie: Künstliche Qualle ahmt Herzschlag nach

Künstliche Qualle

Die Suche nach einem Modell für muskuläre Pumpen endete mit einem kuriosen Konstrukt: einer "künstlichen Qualle" aus Silikon und Herzmuskelzellen neugeborener Ratten. Dieser Medusoid bewegt sich mit demselben Rückstoßprinzip vorwärts wie das natürliche Vorbild.

Die Ähnlichkeit in der Bewegung von Quallen und des menschlichen Herzmuskels beschäftigte Kevin Kit Parker von der Harvard University schon seit Jahren. Um die künstliche Qualle zu konstruieren, orientierten sich der Forscher und sein Team nun an drei Hauptkriterien, die sie aus den Bewegungsmustern lebender Quallen herauskristallisiert hatten: Zunächst musste gesichert sein, dass sich der "Quallenkörper" absolut symmetrisch und vollständig zusammenzieht. Die Tiere erreichen das durch entsprechende Schrittmacherzellen, die synchron die zuständigen Muskeln aktivieren. Für das Modell setzten die Forscher daher auf Herzmuskelzellen, die ein ähnliches Verhalten zeigen. Mit Hilfe kleinster Strukturen auf der Silikonoberfläche sorgten die Forscher dafür, dass sich die Herzmuskelzellen genau im gewünschten Muster darauf ansiedelten.

Zum Zweiten sollte sich der Schirm nach diesem ersten Teil der Bewegung – die Kontraktion, die den Rückstoß auslöst – wieder langsam und fließend öffnen: Der Körper musste also aus einem elastischen Material bestehen, das nach dem Zusammenziehen in die ursprüngliche Form zurückkehren würde. Und zu guter Letzt sollten die Strömungsbedingungen rund um diesen Körper möglichst genau denen in der Natur entsprechen. Für Quallen ist es dabei wichtig, dass sich Grenzflächen an ihrer Körperoberfläche ausbilden, an denen die Strömung stark gebremst wird. Dies führte letztlich zu der endgültigen Gestalt eines dünnen runden Silikonfilms mit acht lappenartigen Fortsätzen, in dessen Zentrum die Herzmuskelzellen sitzen.

© Nature
Medusoid

Als Parker und seine Mitarbeiter ihr Konstrukt ins Aquarium setzten und ein elektrisches Feld anlegten, beobachteten sie tatsächlich das Erhoffte: Die Herzmuskelzellen reagierten, und die "künstlichen Quallen" schwammen ähnlich wie ihre natürlichen Vorbilder mittels Rückstoßprinzip durchs Wasser. Für Parker ist dies der erste Schritt, durch Reverse Engineering womöglich weitere Modelle für muskuläre Organe nachzubilden oder sogar einfache Lebewesen zu schaffen, die ähnliche Mechanismen zur Fortbewegung nutzen. Die synthetische Biologie würde sich damit von der bisherigen Zell- auf die Organismenebene ausdehnen.

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