Bakterien-Attrappen: Künstliche Zellen sprechen Bakteriensprache
Zellattrappen, die auf chemische Signale von Bakterien reagieren und selbst Signalstoffe aussenden, hat eine Arbeitsgruppe um Roberta Lentini von der Università di Trento hergestellt. Mit Hilfe dieser Kreation täuschten sie dem Bakterium Vibrio fischeri vor, es mit einem Artgenossen zu tun zu haben, und vermittelten chemische Signale zwischen zwei Bakterienarten, die normalerweise nicht miteinander kommunizieren. Wie die Forscherin berichtet, umhüllte sie künstliche Genabschnitte samt verschiedener Hilfsmoleküle aus den Kommunikationssystemen dreier gut erforschter Bakterienarten mit Membrankugeln aus Cholesterin und einem künstlichen Lipid. Lentini zeigte anschließend in mehreren Experimenten, dass diese einfache Konstruktion in der Lage ist, das so genannte Quorum Sensing echter Bakterien zu beeinflussen, mit dem die Mikroben ihr Verhalten koordinieren.
Im ersten Experiment testete Lentinis Team lediglich, ob ein Signalstoff des Bakteriums Vibrio fischeri in die künstlichen Zellen eindrang und die Genmaschinerie dazu brachte, ein fluoreszierendes Protein herzustellen. Anschließend konstruierte die Gruppe statt des Empfängers einen Sender für mehrere Signalstoffe aus der Gruppe der Acyl-Homoserinlactone in den Membrankugeln. Um herauszufinden, ob das System funktionierte, erschufen sie Bakterien, die auf diese Signale mit grüner Fluoreszenz reagieren. Nachdem sich dieser Ansatz ebenfalls bewährte, kombinierte das italienische Forscherteam die beiden Ansätze, um einen künstlichen Vermittler zwischen zwei Bakterienarten herzustellen, die normalerweise nicht miteinander interagieren. So konstruierten sie Zellattrappen, die Signalstoffe des Bakteriums Vibrio fischeri zum Anlass nahmen, einen Stoff herzustellen, der die Kommunikation des Krankheitserregers Pseudomonas aeruginosa unterbrach.
Auch innerhalb einer Art funktionierte das Prinzip: Künstliche Zellen, die Signalstoffe von Bakterien registrierten und daraufhin eigene Signalstoffe erzeugten, brachten das Bakterium Vibrio fischeri nach Angaben der beteiligten Forscherinnen und Forscher quasi im Dialog dazu, sie als Gleichgesinnte zu akzeptieren. In Gegenwart von Konstrukten, die keine Signalstoffe produzierten, veränderte sich die Aktivität von deutlich mehr Genen, als wenn sich die künstlichen Zellbläschen mit eigenen Chemikalien am Quorum Sensing beteiligten. Ob die Gebilde damit einen »zellulären Turing-Test« bestanden haben, wie einer der Mitautoren im Interview vollmundig verkündet, sei mal dahingestellt.
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