Direkt zum Inhalt

News: Künstlicher Vampir

Während ein Röntgengerät den wenigsten Menschen noch Schrecken einjagt, klingt die Vorstellung von einem Roboter, der Blut abnimmt, schon umheimlicher. Das kann Ingenieure aber nicht davon abhalten, einen zu entwickeln. Sie behaupten sogar, daß der künstliche Blutabnehmer den Job besser macht als ein Mensch.
Bei vielen Patienten ist es nicht leicht, Venen zu finden. Nach Jahren, in denen die Adern mit Nadeln und Kanülen durchstochen wurden, wird es meist auch nicht einfacher. Die Folge sind blaue Arme, Entzündungen und Thrombosen. Die Venen können sogar verstopfen. Irgendwann sind keine mehr frei und der Patient benötigt künstliche Einsätze. Ein Szenario, das den Maschinenbauer Alex Zivanovic dazu veranlaßte, das Blutabnehmen schonender und angenehmer zu gestalten. So gehört er mit zu dem Team, das am Imperial College in London eine Maschine entwickelte, die unter die Haut geht.

Der Roboter findet die Venen nicht nur automatisch, er registiert auch, wenn er sie mit der Nadel erreicht hat. Damit verhindert er ein zweifaches Durchstechen, welches bei vielen Patienten zu schmerzhaften Blutergüssen führt. Tastend bahnt sich die Maschine den Weg zu ihrem Ziel. Sanftmütig – heißt es – fühlt sie den Arm ab und mißt, wie das Gewebe auf leichten Druck reagiert. Dadurch kann sie mit einer Genauigkeit von einem Millimeter herausfinden, was unterhalb verborgen liegt. Muskel sind hart, Fett ist weich und Venen sollen sich anfühlen wie ein Ballon, dem ein wenig die Luft ausgegangen ist.

Ganz eigenständig ist der Robo-Doc allerdings noch nicht. Hat er mögliche Venen ausgemacht, so fragt er zunächst einen menschlichen Arzt, welche er nehmen soll. Dann sticht der mechanische Vampir zu. Indem die Maschine den Widerstand mißt, den das Gewebe ausübt, kann sie exakt den Moment feststellen, in dem sie die Venenwand durchbricht. Damit wird verhindert, daß sie über das Ziel hinausschießt. Das Verfahren sei schonend für die Patienten und flexibel für alle Venengrößen, sagt Tony Firth, einer der am Projekt beteiligten Mediziner. Damit sei es auch bei Kindern und fettleibigen Menschen geeignet. Ein wenig unglücklich ist Zivanovic noch über die Unselbständigkeit seines Roboters und träumt schon von einem Exemplar, das automatisch die am besten geeignete Vene aussucht.

Doch zunächst müssen wohl noch ein paar Freiwillige her. Denn bisher haben Zivanovic und seine Kollegen ihren Blutabnehmer nur an künstlichen Gliedern erprobt, an denen sich auch Studierende der Medizin versuchen. Sie bestehen aus einer Unzahl an Gelen, Röhren und Gummimembranen, werden von künstlichem Blut durchströmt und halten – im Gegensatz zu Kindern – still, wenn's drauf ankommt.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.