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News: Kulturrevolution unter Wasser

Kulturelle Revolutionen finden mitunter auch im Meer statt. Zwei Neulinge in einer Buckelwalpopulation haben es geschafft, dass die Alteingesessenen ihr früheres Liedgut 'über Bord' warfen und völlig neue Gesängen anstimmten.
Buckelwale (Megaptera novaeangliae) gelten, in Bezug auf ihr Sangeskunst, als eher konservativ. Jahr für Jahr wandern sie von der Antarktis in wärmere Gewässer, um sich dort fortzupflanzen. Auf ihrer Wanderung stimmen die Männchen ihre Gesänge an, um die Weibchen zu betören. Jede Population hat dabei ihre eigenen, typischen Lieder. Wenn die Weibchen jedoch immer wieder das Gleiche zu hören bekommen, könnten sie sich eventuell gelangweilt abwenden. Ab und zu variieren daher die Buckelwalmänner ihr Repertoire, fügen hie und da ein kleines Ströphchen hinzu und geben so ihrer Darbietung die nötige Würze. Wie bei Singvögeln sind diese Variationen normalerweise minimal und setzen sich in der Population nur langsam durch.

Um so überraschter waren Michael Noad und seine Kollegen vom Department of Veterinary Anatomy and Pathology der University of Sydney, als sie bei einer Buckelwalpopulation im Great Barrier Reef östlich von Australien plötzlich ganz andere Gesänge zu hören bekamen. Zunächst präsentierten nur zwei von 82 Männchen die fremden Melodien. Innerhalb von nur zwei Jahren übernahmen nach und nach die Männchen die neuen Töne, bis schließlich alle mit der frischen Errungenschaft um die Weibchen buhlten (Nature vom 30. November 2000).

Der neue Buckelwalhit kam den Meeresforschern bekannt vor. Es war der Gesang der Population, die westlich von Australien im Indischen Ozean ihre Kinderstube hat. Offensichtlich hatten sich ein paar Tiere auf ihrer Wanderung nach Norden verirrt, landeten bei ihren Artgenossen im Great Barrier Reef und brachten aus ihrer angestammten Heimat des Indischen Ozeans ihr Liedgut mit. Dass die östliche Population so schnell ihre Tradition aufgab und die Kultur des Westens übernahm, erstaunt Noad: "Eine derart revolutionäre Veränderung in der Gesangstradition von Tieren ist noch nie nachgewiesen worden."

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