Direkt zum Inhalt

La Niña: Waldbrände veränderten jahrelang das globale Wetter

Australiens extreme Waldbrände 2019/2020 lösten ein seltenes globales Wetterereignis aus. Denn drei Jahre lang herrschten La-Niña-Bedingungen – weit länger als normal.
Waldbrände in Australien
Rauch und Aerosole der außergewöhnlich schweren Brände in Australien zogen um die Südhalbkugel und veränderten weltweit das Wetter.

Hinter dem mit drei Jahren ungewöhnlich langen La-Niña-Ereignis der letzten Jahre stecken womöglich die extrem schweren australischen Buschbrände im Winter 2019/2020. Aerosole in der Atmosphäre sowie mehr Wolken hätten die Südhalbkugel abgekühlt, insbesondere den subtropischen südöstlichen Pazifik, berichten John T. Fasullo, Nan Rosenbloom und Rebecca Buchholz vom US-amerikanischen National Center for Atmospheric Research in Boulder, Colorado. Für ihre jetzt in »Science Advances« erschienene Analyse verglichen sie zwei Gruppen von globalen Klimamodellen – eine, die die australischen Waldbrände abbildete, sowie eine, in der Emissionen aus globalen Waldbränden dem langjährigen Mittel entsprachen, als Kontrolle. Darin zeigte sich, dass Ruß und Aerosole schnell die Südhalbkugel umkreisten und eine klimatische Kettenreaktion auslösten, die zu einem anhaltenden La-Niña-Zustand führte.

Das ENSO-System (El Niño Southern Oscillation), das El Niño und La Niña kontrolliert, ist zwar eine eigenständige Komponente des Klimasystems, aber äußere Faktoren können auf den Zustand einwirken. Ein gut untersuchter Einfluss sind Vulkanausbrüche auf der Südhalbkugel. Deren Asche löst oft durch ihren Abkühlungseffekt ein La-Niña-Ereignis aus. Fasullo, Rosenbloom und Buchholz fragten sich nun, ob die sehr schweren Waldbrände in Australien, deren Rauch sich bis in die Stratosphäre auswirkte, einen vergleichbaren Effekt gehabt haben könnten. Tatsächlich zeigte sich in den Simulationen ein ähnliches Muster, wenn auch aus etwas anderen Gründen.

Bei einem Vulkanausbruch steigen Schwefelaerosole in die Stratosphäre auf und werfen Sonnenlicht zurück, so dass die Erde sich abkühlt. Die Waldbrände dagegen lieferten sehr viele Kondensationskeime für Wolken in der unteren Atmosphäre, so dass dort mehr Sonnenlicht zurückgeworfen wurde. Der Effekt war allerdings der gleiche. Der Rauch verteilte sich weitgehend auf der Südhalbkugel, so dass die besonders im Sommer 2020 weniger Energie erhielt. Durch dieses Ungleichgewicht zur Nordhalbkugel verschob sich die innertropische Konvergenzzone, in der die Tropen am wärmsten sind und deswegen feuchte Luft aufsteigt, deutlich nach Norden. Der tropische Zentralpazifik, dessen Temperatur über El Niño und La Niña entscheidet, blieb dagegen kühl und trocken, was einem La-Niña-Ereignis entspricht.

Tatsächlich zeigen die Kontrollsimulationen, dass die Region ohnehin auf dem Weg zu einem La-Niña-Ereignis war. Der Rauch der Brände verstärkte diesen natürlichen Trend noch einmal erheblich und verlängerte ihn laut den Simulationen bis weit ins Jahr 2022 hinein. Während die ENSO unter normalen Bedingungen 2021 zu neutralen oder gar El-Niño-Werten zurückgekehrt wäre, blieb La Niña auf Grund der kühlenden Feuer bestehen. Das Atmosphärenmuster beeinflusst unter anderem den indischen Monsun, die Regenzeiten in Ostafrika und Wirbelstürme in Australien. Wie die drei Fachleute in ihrer Veröffentlichung berichten, ist der Unterschied zwischen den Modellen erheblich und deutet stark darauf hin, dass der seltene Drei-Jahres-La-Niña ohne die schweren Waldbrände nicht entstanden wäre.

Die ungewöhnlichen Atmosphärenbedingungen durch die Feuer haben auch deutlich auf Australien zurückgewirkt. In den letzten drei Jahren verursachten Wirbelstürme und Starkregenereignisse wiederholt schwere Überschwemmungen an der australischen Ostküste. Ebenfalls typisch für La Niña war das Fehlen größerer Waldbrände in Australien, solange der Kühleffekt anhielt. Das wird aber auf Dauer nicht so bleiben, fürchten Fachleute – denn das durch die Brände verursachte Klimamuster hat schon den Boden für neue große Feuer bereitet. Drei regenreiche Jahre ohne größere Brände haben dazu geführt, dass sich viel brennbare Vegetation angesammelt hat. Inzwischen sind die Temperaturen im Zentralpazifik zu mittleren Werten zurückgekehrt und die US-Meeres- und Atmosphärenbehörde NOAA gibt die Chance auf El-Niño-Bedingungen Mitte des Jahres mit 62 Prozent an. Und El Niño fällt mit mehr Bränden auf dem Kontinent zusammen.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.