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Klima: Lachgas aus Insektendarm fördert Treibhauseffekt

Lachgasemission vom Meeresboden
Aquatische Insektenlarven und andere Kleinstlebewesen tragen womöglich merklich zum Treibhauseffekt bei, glauben Forscher vom Bremer Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie: Bakterien im Darm der Wassertiere produzieren nicht unbedeutende Mengen von Lachgas. Das Distickstoffmonoxid (N2O) ist ein deutlich stärkeres Treibhausgas als Kohlendioxid.

Darmbakterien produzieren Lachgas | An der Oberfläche des Gewässergrundes atmen Bakterien mit Sauerstoff (blaue Ovale), während sie in tieferen, sauerstofffreien Schichten mit Nitrat atmen (orange Ovale). Die Produkte der Nitratatmung sind überwiegend Stickstoffgas (N2) und zu einem kleinen Teil Lachgas (N2O), die beide in die Wassersäule gelangen. Kleinstiere am Gewässergrund fressen organische Partikel, denen Bakterien anhaften. Im sauerstofffreien Darm müssen auch diese Bakterien zur Nitratatmung übergehen und produzieren dabei überwiegend Lachgas. Denn die Verweilzeit im Darm ist zu kurz, um Lachgas vollständig zu Stickstoffgas umzusetzen. Über die Wohnröhre des Tieres wird deshalb vor allem Lachgas in die Wassersäule abgegeben.
Insektenlarven, Muscheln und Schnecken setzen das N2O vor allem in Gewässern frei, die mit dem Nährstoff Nitrat verschmutzt sind, wenn sie mit ihrer Nahrung viele Bakterien zu sich nehmen. Peter Stief und seine Kollegen ermittelten dies, indem sie insgesamt 21 verschiedene Kleintierarten aus Seen, Fließgewässern und dem Meer untersuchten. Dabei stellten sie fest, dass räuberische Tiere kaum zur Lachgasproduktion beitragen. Besonders hohe Raten fanden sich hingegen bei so genannten Filtrierern und Detritusfressern, die organisches Material aus dem Gewässergrund und aus Schwebstoffen filtern.

Experimente mit Zuckmückenlarven ergaben dann, dass das Lachgas von den Bakterien im Darm der Tiere gebildet wird, erklärt Peter Stief: "Die aus der Nahrung stammenden Bakterien finden im Darm keinerlei Sauerstoff vor und gehen deswegen zur so genannten Nitratatmung über." Bei dieser Art zu atmen wird aus Nitrat Lachgas gebildet. In ihrem natürlichen Lebensraum, dem Gewässergrund, setzen nitratatmende Bakterien Lachgas weiter zu klimaunschädlichem Stickstoffgas um. Im Darm allerdings ist die Verweilzeit der Bakterien zu kurz, um alle erforderlichen Stoffwechselschritte durchzuführen. Nach zwei bis drei Stunden werden sie quasi auf halber Strecke von den Insektenlarven wieder ausgeschieden. Das bis dahin gebildete Lachgas wird frei.

Zuckmückenlarve Chironomus plumosus | Die Zuckmückenlarve Chironomus plumosus ist in vielen Binnengewässern die vorherrschende Insektenart. Die Larve lebt verborgen in einer U-förmigen Wohnröhre im Gewässerboden (hier in einer Glasröhre fotografiert), durch die sie periodisch Wasser pumpt. Dadurch gelangt sie zum einen an Sauerstoff zum Atmen, zum anderen an Nahrungspartikel, die sich in einem von der Larve gesponnenen Netz verfangen.
Lachgasemissionen sind besonders in Gewässern bedeutsam, in denen erhöhter Nährstoffeintrag, beispielsweise aus Düngemitteln, die Konzentration von Nitrat erhöht. Hier sind auch Filtrierer und Detritusfresser oft besonders zahlreich. "Die gute Nachricht lautet also, dass sich der Einsatz für saubere Gewässer und geringere Nitrateinträge aus der Landwirtschaft positiver auf unser Klima auswirken könnte, als bisher angenommen", erläutert Mitautor Lars Peter Nielsen von der Universität Aarhus. "Die schlechte Nachricht ist allerdings, dass sich weltweit die Gewässerqualität gerade wegen der ständig steigenden Nährstoffeinträge weiter verschlechtert." Der tatsächliche Beitrag der aquatischen Kleinsttiere zur Belastung der Atmosphäre mit Lachgas lässt sich zur Zeit nur schwer abschätzen. "Aber es steht zu befürchten, dass er in Zukunft eher ansteigen als sinken wird."

In Seen können die Insektenlarven Dichten von wenigen 10 000 Larven pro Quadratmeter erreichen. Finden sich 3500 Individuen pro Quadratmeter wie im Experiment zusammen, erhöht sich die Abgabe von Lachgas aus dem Gewässerboden immerhin um das Achtfache im Vergleich zu einem Boden ohne Tiere.
  • Quellen
Stief, P. et al.:Nitrous Oxide Emission by Aquatic Macrofauna. In: Proceedings of the National Academy of Sciences 10.1073/pnas.0808228106, 2009.

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