Lachgas: Sonnenlicht verursacht rätselhaften Treibhausgas-Anstieg

Sonnenlicht verursacht offenbar einen bislang nur schwer erklärbaren starken Anstieg von Lachgas in der Atmosphäre. Dabei setzt UV-Strahlung das starke Treibhausgas aus im Wasser gelöstem Nitrit und Nitrat frei, berichtet eine Arbeitsgruppe um Elizabeth Leon-Palmero von der Universidad de Granada. Diese bisher unbekannte Reaktion sei in Treibhausgasbilanzen derzeit nicht berücksichtigt, heißt es in ihrer Veröffentlichung in der Fachzeitschrift »Science«. Das Lachgas (N2O) ist ein rund 300-fach stärkeres Treibhausgas als Kohlendioxid und bleibt mehr als 100 Jahre in der Atmosphäre, weit länger als Methan. Wegen seiner deutlich geringeren Konzentration ist es bislang jedoch nur für rund zehn Prozent der gesamten globalen Erwärmung verantwortlich.
Seit der vorindustriellen Periode ist die Lachgaskonzentration in der Atmosphäre um rund ein Viertel angestiegen, auf nun knapp 340 Teile pro Milliarde (ppb). Ursache ist hauptsächlich Stickstoffdünger aus der Landwirtschaft, aus dem Mikroorganismen im Boden N2O abspalten. Ein beträchtlicher Teil stammt allerdings aus der Oberflächenschicht der Ozeane, was bisher rätselhaft war. Denn die Mikroorganismen, die das Gas freisetzen, sind lichtscheu und kommen in diesem sonnendurchfluteten Lebensraum praktisch nicht vor. Die neu entdeckte lichtgetriebene Reaktion zeigt nun, dass Lachgas dort auch ohne diese Mikroorganismen in großen Mengen entstehen kann.
Das Team um Leon-Palmero entnahm deswegen Wasserproben aus spanischen Gewässern und der Ostsee und bestrahlte sie mit UV-Licht. Dabei entstand Lachgas – sogar als die Fachleute die Mikroorganismen in den Proben abtöteten. Weitere Versuche mit isotopenmarkiertem Nitrat zeigten, dass das Licht dieses Molekül tatsächlich direkt umwandelt, ohne dass andere Prozesse beteiligt sind. Außerdem entstand dabei umso mehr Lachgas, je stärker die UV-Strahlung war.
Die Entdeckung überrascht. Denn derartige UV-getriebene Prozesse sind zwar aus der Atmosphäre bekannt, bislang aber nicht aus dem Wasser. Entsprechend ist das nächste Ziel der Arbeitsgruppe, den genauen chemischen Mechanismus der Reaktion zu entschlüsseln, um herauszufinden, ob solche Prozesse im Wasser anders ablaufen. Für den Klimawandel ist die Entdeckung jedenfalls von erheblicher Bedeutung. Durch die starke Belastung der Ökosysteme mit Stickstoff werden noch lange Zeit große Mengen stickstoffhaltiger Verbindungen in die Ozeane gelangen.
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