Teppichphysik: Läufer schlägt Wellen
Falten in der Auslegeware mögen so manchen Besitzer ärgern. Physiker hingegen schätzen die Beulen als Analogie für zahlreiche Phänomene. Statik und Dynamik von Brücke, Läufer und Co haben sie nun untersucht.
Badezimmerteppich, Läufer und Bettvorleger sehen nicht nur hübsch aus, manchmal scheinen sie auch ein Eigenleben zu führen. Sie rutschen oder bekommen Falten, die sich über die gesamte Länge der Auslegeware ausbreiten und diese langsam dahinkriechen lassen. Die Art und Weise, wie sich solche Wellen in einem Teppich ausbreiten, nutzen Physiker gerne, um gänzlich andere Phänomene zu beschreiben: etwa die Bewegung von tektonischen Platten, Zellmembranen, Atomebenen in einem Kristall oder Raupen und ihre Verwandten.
Denn wie beim Teppich ist es für sie einfacher, eine "Störung" fortzubewegen als das große Ganze auf einen Schlag. Aber hält der Vergleich auch im Detail stand? Lakshminarayanan Mahadevan von der Harvard University in Cambridge, Massachusetts, Dominic Vella von der University of Cambridge in England und ihre Kollegen beschäftigte diese Frage schon länger – unabhängig voneinander. "Das Phänomen selbst war bislang nicht sehr gut untersucht. Und so haben wir beschlossen, einige Zeit darauf zu verwenden", erläutert Mahadevan.
Latexmatte auf Bücherregal
Er und sein Team wollten herausfinden, wie sich eine "Falte in einem dünnen Bodenbelag in partiellem Kontakt mit einem rauen Substrat im Gravitationsfeld" verhält. Die Praxis war dann weitaus weniger hochtrabend: Die Forscher brachten einen Gummiteppich – einen 0,25 Millimeter dicken Läufer aus Latex – mit Beule in Schräglage, wozu das Bücherregal aus ihrem Büro als Rampe diente. Dann kippten sie das Regal mit daraufliegendem Teppich so lange, bis sich die Verwerfung darin ganz von allein durchs Gummi bewegte [1].
Dabei scheint die Delle eher zu rollen als zu gleiten, halten die Forscher fest. Denn verfolgten sie die Punkte auf der Matte, die mit der Welle transportiert werden, beschreiben diese eine ähnliche Bahn wie ein Punkt auf einem Reifen. Auf ihrem Weg in die Tiefe wird die Ausbeulung allerdings abgebremst – wohl hauptsächlich durch den Luftwiderstand, vermuten Mahadevan und Kollegen. Alles in allem erreicht sie so eine konstante Geschwindigkeit, da die Wirkung der Gravitationskraft gerade ausbalanciert wird.
Das zweite Team um Vella konzentrierte sich dagegen auf Läufer in der Horizontalen [2]. Ein Gruppenmitglied wedelte das Ende einer zwei Meter langen Polyestermatte schnell auf und ab, während eine Hochgeschwindigkeitskamera den Teppichverlauf festhielt. Dabei kamen Matten von 125 bis hin zu 500 Mikrometern Dicke zum Einsatz – auf einer Vielzahl von ebenen Flächen: Holz, Sandpapier und Metall. Übrigens musste wohl auch Vellas hauseigener Badezimmerteppich diese Tests über sich ergehen lassen.
Den meisten Bodenbelägen attestierten die Forscher eine Faltenreisegeschwindigkeit von rund einem Meter pro Sekunde, wobei sich kleinere Falten schneller bewegen als größere. Stoßen mehrere Dellen zusammen, verschmelzen sie miteinander und bewegen sich gemeinsam als große, langsame Welle fort. Vella und Kollegen sind gespannt, ob sich dieses Verhalten auch bei Erdbeben beobachten lässt.
Resistente Teppichfalten
In einem weiteren Experiment prüften die Forscher dann, unter welchen Umständen eine Falte im Teppich erhalten bleibt – obwohl der Verursacher und damit seine Krafteinwirkung auf dem Teppich bereits vorübergegangen ist. Ihr Ergebnis: Eine Welle überlebt, wenn das Produkt aus herrschenden Reibungskräften, die ja letztlich vom Untergrund abhängen, und der Länge des Teppichs kleiner ist als die durch den Überläufer ausgeübte Kraft auf die Auslegeware. Oder anders ausgedrückt: Je größer die Beule, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich hält. Irgendwie ja auch logisch.
Beide Gruppen studierten ihre Gummimattenwellen aber nicht nur im Experiment, sondern auch abgefasst in mathematischen Formeln. Zu ihrer Zufriedenheit stimmen Theorie und Praxis tatsächlich gut überein. Am Ziel angekommen sind sie deshalb aber noch lange nicht, schließlich sei das Feld der Teppichmechanik noch längst nicht ausgeschöpft. Ob die Forschung dann auch brauchbare Tipps für den gemeinen Haushalt abwirft, darf aber wohl bezweifelt werden.
Denn wie beim Teppich ist es für sie einfacher, eine "Störung" fortzubewegen als das große Ganze auf einen Schlag. Aber hält der Vergleich auch im Detail stand? Lakshminarayanan Mahadevan von der Harvard University in Cambridge, Massachusetts, Dominic Vella von der University of Cambridge in England und ihre Kollegen beschäftigte diese Frage schon länger – unabhängig voneinander. "Das Phänomen selbst war bislang nicht sehr gut untersucht. Und so haben wir beschlossen, einige Zeit darauf zu verwenden", erläutert Mahadevan.
Latexmatte auf Bücherregal
Er und sein Team wollten herausfinden, wie sich eine "Falte in einem dünnen Bodenbelag in partiellem Kontakt mit einem rauen Substrat im Gravitationsfeld" verhält. Die Praxis war dann weitaus weniger hochtrabend: Die Forscher brachten einen Gummiteppich – einen 0,25 Millimeter dicken Läufer aus Latex – mit Beule in Schräglage, wozu das Bücherregal aus ihrem Büro als Rampe diente. Dann kippten sie das Regal mit daraufliegendem Teppich so lange, bis sich die Verwerfung darin ganz von allein durchs Gummi bewegte [1].
Dabei scheint die Delle eher zu rollen als zu gleiten, halten die Forscher fest. Denn verfolgten sie die Punkte auf der Matte, die mit der Welle transportiert werden, beschreiben diese eine ähnliche Bahn wie ein Punkt auf einem Reifen. Auf ihrem Weg in die Tiefe wird die Ausbeulung allerdings abgebremst – wohl hauptsächlich durch den Luftwiderstand, vermuten Mahadevan und Kollegen. Alles in allem erreicht sie so eine konstante Geschwindigkeit, da die Wirkung der Gravitationskraft gerade ausbalanciert wird.
Außerdem beobachtete die Gruppe, dass ein kritischer Winkel existiert, ab dem sich eine Welle in Gang setzt. Größe und Form der Beule würden dabei die erforderliche Neigung bestimmen. Zumindest dieses Verhalten lasse sich auch in der Natur finden: Um Versetzungen in einem Kristall zu bewegen, muss die angreifende Kraft einen gewissen Schwellenwert übersteigen.
Das zweite Team um Vella konzentrierte sich dagegen auf Läufer in der Horizontalen [2]. Ein Gruppenmitglied wedelte das Ende einer zwei Meter langen Polyestermatte schnell auf und ab, während eine Hochgeschwindigkeitskamera den Teppichverlauf festhielt. Dabei kamen Matten von 125 bis hin zu 500 Mikrometern Dicke zum Einsatz – auf einer Vielzahl von ebenen Flächen: Holz, Sandpapier und Metall. Übrigens musste wohl auch Vellas hauseigener Badezimmerteppich diese Tests über sich ergehen lassen.
Den meisten Bodenbelägen attestierten die Forscher eine Faltenreisegeschwindigkeit von rund einem Meter pro Sekunde, wobei sich kleinere Falten schneller bewegen als größere. Stoßen mehrere Dellen zusammen, verschmelzen sie miteinander und bewegen sich gemeinsam als große, langsame Welle fort. Vella und Kollegen sind gespannt, ob sich dieses Verhalten auch bei Erdbeben beobachten lässt.
Resistente Teppichfalten
In einem weiteren Experiment prüften die Forscher dann, unter welchen Umständen eine Falte im Teppich erhalten bleibt – obwohl der Verursacher und damit seine Krafteinwirkung auf dem Teppich bereits vorübergegangen ist. Ihr Ergebnis: Eine Welle überlebt, wenn das Produkt aus herrschenden Reibungskräften, die ja letztlich vom Untergrund abhängen, und der Länge des Teppichs kleiner ist als die durch den Überläufer ausgeübte Kraft auf die Auslegeware. Oder anders ausgedrückt: Je größer die Beule, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich hält. Irgendwie ja auch logisch.
Beide Gruppen studierten ihre Gummimattenwellen aber nicht nur im Experiment, sondern auch abgefasst in mathematischen Formeln. Zu ihrer Zufriedenheit stimmen Theorie und Praxis tatsächlich gut überein. Am Ziel angekommen sind sie deshalb aber noch lange nicht, schließlich sei das Feld der Teppichmechanik noch längst nicht ausgeschöpft. Ob die Forschung dann auch brauchbare Tipps für den gemeinen Haushalt abwirft, darf aber wohl bezweifelt werden.
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